Von Taos in die Rocky Mountains
Nach einer Fahrt über
hohe Berge mit dichtem Wald und durch eine weite, heisse Steppe gelangen wir
nach Taos in New Mexiko. Die Espen sind in den Bergen fast alle krank: eine
Raupe frisst alle grünen Blätter und vermehrt sich rasant. Dies geschehe etwa
alle dreissig Jahre. Ein grosser Teil der Bäume überlebt diese Rasur nicht.
Schuld sind der milde Winter und die grosse Trockenheit. Im ‚20-Minuten’
erfahren wir, dass westlich von Colorado Springs unkontrollierbare Waldbrände
ausgebrochen sind. So werden wir unser Programm ändern und auf die Fahrt auf
den Pikes Peak verzichten müssen. Statt dessen werden wir etwas früher in die
Berge fahren.
Der Himmel hat sich
bedeckt. Zum ersten Mal seit drei Wochen haben wir ein paar Regentropfen
gespürt. Man kann sie an einer Hand abzählen und am Boden sieht man überhaupt
nichts davon.
Auf der Fahrt durch die
Steppe überqueren wir unversehens den Rio Grande, der sich einen tiefen Canyon
gegraben hat. In 200 Metern Höhe überspannt eine 1965 erbaute Brücke den
schmalen Fluss. Wie hat wohl der Franziskaner Fra Escalante im 18. Jahrhundert
auf seiner Expedition Richtung Pazifik diesen Canyon überquert?
Da es uns in Taos gut
gefällt, wir am Abend draussen sitzen und essen und trinken können, ohne dass
Esther von den Mücken heimgesucht wird, bleiben wir zwei Nächte. Wir machen
eine kleine Bergtour durch einen lichten Föhrenwald, wandern gute drei Stunden
auf eine Anhöhe mit herrlicher Aussicht auf Taos und die weite Prärie und sind
rechtzeitig vor der grossen Hitze und dem von Süden her heranwehenden
Glutwinden im kühlen Camper am von den beiden Frauen liebevoll bereiteten Salatbuffet.
Im Great Sand Dunes National Park
Nach einer Fahrt von 100
Meilen nordwärts gelangen wir in den Great Sand Dunes National Park, der erst
2000 zum Park erklärt wurde. Es ist das grösste und höchste Dünengebiet der
USA. Die Dünen liegen im Westen der Sangre de Cristo Mountains, ein Gebirge von
über 14'000 Fuss (4250 m) Höhe, das neun Monate im Jahr von Schnee bedeckt ist.
Eine Anzahl Schwarzbären hält sich dort auf. Leider sehen wir keine!
Die Dünen haben eine
gelbbraune Färbung und sind bis 220 m hoch. Das eigentliche Dünengebiet hat
eine Grösse von 84 km2, d.h. etwa die Grösse der Stadt Zürich. Das gesamte Sandgebiet
ist jedoch zehnmal grösser. Über die Entstehungszeit sind sich die Geologen
nicht einig. Vom Gebirge der Sangre de Cristo Mountains wurde und wird immer
noch Sand in zwei Flüssen ins Tal verfrachtet und von dort wieder
zurückgeblasen. Im Winter sind die Dünen schneebedeckt. Leider ist der Fluss,
der neben dem Campground fliesst, momentan versiegt; sonst hätten wir uns ein
erfrischendes Bad gegönnt.
Am Abend machen wir uns auf den Weg und steigen
auf die High Dune, die wir in einer knappen Stunde erreichen. Der Weg ist aber
recht anstrengend, schlimmer als ein Schneefeld in der Mittagshitze. Das
Thermometer zeigt zwar nur noch 29 Grad, aber wir üben uns im Tanzschritt: zwei
Schritte vor, einer zurück. Vor allem beim Gipfelkamm rutschen wir immer wieder
runter und kommen nur zentimeterweise voran. Von oben geniessen wir kurz vor
Sonnenuntergang eine herrliche Rundsicht. Die Stimmung ist grandios!
In den Sangre de Cristo
Mountains tobt ein Gewitter. Auch von Westen her nähert sich eine Front. So eilen
wir barfuss in Riesenschritten rasch runter, was viel einfacher ist. Kaum beim
Parkplatz angekommen gehen auch schon Blitze auf die Sand Dunes nieder. Die
Regentropfen erreichen den Boden aber nicht; sie verdunsten noch vorher in der
trockenen Atmosphäre. Erst in der Nacht prasseln ein paar wohltuende
Regentropfen auf das Dach unseres Campers.
In den Rocky Mountains
Die letzten fünf Tage
verbringen wir in den Bergen zwischen 2500 und 3100 Metern Höhe. In der Nähe
von Aspen, d. h. auf der Ostseite des Passes, regnet es ein paar Mal, was die
Temperatur recht annehmbar macht. Wegen der unsicheren Witterung müssen wir aber
auf die Besteigung des höchsten Berges Colorados, des Mt. Ebert, der mit 4400 m
Gipfelhöhe nur 1600 m über über unserem Campground liegt, verzichten (faule Ausrede?). Die Campgrounds
an den Seen Twin Lakes und Turquoise Lake, die auf 2700 bzw. 2950 m Höhe
liegen, sind einfach, aber wunderbar zwischen Pinyons Pines (Nuss- oder
Steinkiefer) gelegen.
An einem Abend machen wir
einen Spaziergang an einem kleinen See, den Biber mit Dämmen auf drei Seiten
gestaut haben. Wir müssen nicht lange warten, bis drei Biber erscheinen. Es ist
wunderbar, ihnen beim ruhigen Schwimmen zuzusehen. Ein erwachsener Biber
schlägt immer wieder kräftig mit dem Schwanz und taucht dann ab. Vermutlich
will er uns vertreiben. Nach den Spuren zu urteilen, halten sich auch Kojoten
in diesem Gebiet auf. Leider sehen wir auch von diesen kein Exemplar.
Endlich, nach vier Wochen
Trockenheit, fällt Regen. Vor allem in den Bergen kommt der ersehnte
Niederschlag in grossen Mengen. Entsprechend angenehmer und erträglicher wird
auch die Tagestemperatur.
Nach der Fahrt über einen
3300 m hohen Pass, was wirklich kein Problem ist, wenn man von 2950 m Höhe aus
startet, gelangen wir zur I-70, der schnellen Verbindung von Grand Junction nach
Denver. Wir denken, dass wir auf einer Interstate, einer richtigen Autobahn,
rasch vorankommen. Weit gefehlt! Wir erreichen die I-70 kurz vor Vail, das wir
mal gemütlich durchfahren. Sehr schöne Häuser mitten in die Bäume gebaut, viele
Golfplätze, kein Platz für Campers! Dann steigt die I-70 auf 3250 m hinauf,
fällt steil (7%) hinunter auf 2500, um dann wieder auf 3400 m hinauf und dort
durch den Eisenhower Memorial Tunnel durchzuführen. Dabei kommt der
Sechsliter-Zehnzylinder Motor bei einer Geschwindigkeit von 30 Meilen/Stunde
ausser Atem und arg ins Schwitzen. Neben uns brausen Riesenlaster im
Schnellzugtempo vorbei.
Nun sitzen wir auf einer
Anhöhe über dem Bergbaustädtchen Central City auf einem Campground mit schöner
Rundsicht auf die Berge ringsum.