ursundestherunterwegs

Saturday, June 23, 2012

In den Bergen Colorados


Bevor es in Moab (nach Prognose) 38 Grad heiss wird, fahren wir dem zwischen hohen Felswänden sich durchschlängelnden Colorado River flussaufwärts und gelangen bald einmal in eine richtige Wüstenlandschaft. In Cisco, der ersten Ortschaft, wollten wir unsere Post in einen Briefkasten werfen. Das Städtchen besteht aber nur noch aus einer Ansammlung von Brettern - eine Geisterstadt. Umsomehr begeistert uns das Visitor Center von Grand Junction mit einer grosszügigen Grünanlage mit schattigen Picknicktischen. Dann geht die Fahrt in die Grand Mesa, stetig und recht steil aufwärts. Der Motor wird immer kurzatmiger und benötigt zwischendurch mal eine Erfrischungspause. Wir fahren durch dichte Wälder, an tiefblauen Seen vorbei und gelangen schliesslich zu einem an einem erfrischenden Waldsee gelegenen Campground auf SAC-Hütten Höhe: 3080 m! Hier können wir bei angenehmen Temperaturen durch weite hohe Wälder wandern und Blumen und Vögel beobachten. Die Grand Mesa ist ein Hochplateau, liegt zwischen 2900 und 3200 m Höhe. Ausser ein paar Weiden, auf denen mit gut Glück mal ein Hirsch anzutreffen ist, gibt es nur dichte Wälder und an die hundert Bergseen. Einziger Nachteil: Unmittelbar nach der Schneeschmelze setzt die Mückenplage ein, die vor allem Esther zu spüren bekommt. Trotzdem bleiben wir zwei Nächte an diesem absolut ruhigen Ort und unternehmen eine grössere Wanderung. Dann sitzen wir gemütlich draussen und schauen den Streifen- und Erdhörnchen zu, die sehr zutraulich werden.

Steller's Jay


Black Canyon of Gunnison National Park
Dann geht die Fahrt wieder runter in die Ebene des Gunnison River, eines Zuflusses des Colorado Rivers. Sein südlicher Seitenarm hat in den letzten zwei Millionen Jahren einen bis 800 m tiefen Canyon gegraben. Die Ufer sind so steil, dass die Sonne nur selten bis in den Fluss hinunter scheint. 

Weil der Canyon so schmal ist, wurde er auch erst sehr spät entdeckt. Die erste dokumentierte Expedition, ebenfalls von Hayden angeführt, fand 1873-74 statt. Man suchte nach einem Übergang der 48 Meilen langen Schlucht. 1901 durchfuhr man 33 Meilen der Schlucht auf Gummimatratzen – in neun Tagen! Kurz darauf wurde ein 10 km langer Tunnel gegraben, um das Wasser für die Bewässerung der Landwirtschaft abzuleiten. Auch eine abenteuerliche Eisenbahnlinie führte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch diese Schlucht. Erst 1999 wurde das Gebiet zum National Park erklärt.
Hoch oben über den fast senkrecht abfallenden Klippen finden wir einen schönen Stellplatz. Eine Panoramastrasse führt dem Abgrund entlang. An verschiedenen Stellen steigen wir aus und geniessen den Blick in die Tiefe und in die Bergwelt in der Ferne. Wir wandern in den dichten Eichenwäldern am Canyonrand 100 Meter in die Tiefe. Auch ein zweijähriges Muledeer (Hirsch) benutzt den Pfad, um am Rand an den frischen Eichenschösslingen zu knabbern. Es lässt uns immer auf etwa zehn Meter herankommen und eilt dann ein paar Schritte weiter. Es scheint auf uns zu warten. Ein tolles Fotoobjekt!
Am nächsten Morgen geht es dann wieder in die Ebene hinunter. Wir fahren Richtung Gunnison, weil ich als Eisenbahnfan unbedingt etwas über die Bahnlinie der Denver & Rio Grande Company, die von Gunnison zuerst etwa 30 Meilen durch den Canyon, dann, weil der Canyon zu schmal ist, bei Cimarron mit 4% Steigung über einen Pass nach Montrose führte, erfahren wollte. Natürlich kaufe ich mir gleich eine Eisenbahnkarte Colorados. Wie man darauf sieht, wurde kurz nach der Jahrhundertwende eine Unzahl Bahnlinien eröffnet, die vor allem dem Transport der Bergbauprodukte diente. Nur wenige dieser Bergbaubahnen sind noch erhalten und dienen heute dem Tourismus (s.u.)

Colorado
heisst auch ‚The Centennial State’, weil er am 1.8.1876, hundert Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung, 38. Staat der USA wurde.
Mit einer Grösse von  269'601 km2 und einer Bevölkerung von etwa fünf Millionen ist er weitaus dünner besiedelt als die Schweiz.
Die durchschnittliche Höhe über Meer liegt bei 2000 m! 56 Gipfel sind höher als 14'000 Fuss (4264 m).
Die Hälfte des Landes ist landwirtschaftlich genutzt.

'Nationalblume': Columbine (Aquilegia coerulea)

Das  Switzerland of America (Ouray)
ist das Tagesziel. In einer kurzen Fahrt geht es südwärts und hinein in die Berge des Uncompahgre National Forest.
Unterwegs gibt es notfallmässig einen Halt in Montrose – diesmal nicht wegen Getriebe-Warnanzeige, sondern wegen eines abgebrochenen Zahnes unseres Freundes. Dank der Hilfsbereitschaft eines Angestellten finden wir einen Zahnarzt, der das Problem dank einer Röntgenaufnahme bagatellisiert. Und  - oh Wunder – auch die Warnanzeige erlöscht – nach 800 Meilen Fahrt!
Auf 2200 m Höhe übernachten wir in Ouray, einer Bergbausiedlung der Jahrhundertwende. Wegen der steilen hohen Berge ringsum wird es gerne mit dem Namen unseres Landes geehrt. Und tatsächlich gibt es auch einen Swiss Store, in dem wir Schweizerdeutsch sprechen und amerikanisch einkaufen können.
Das ganze Gebiet – Utah wie Colorado - ist sehr trocken. Es hat hier dieses Jahr noch nie geregnet! Der letzte Niederschlag fiel als Schnee im März. Deshalb soll man Wasser sparen. Man ist gebeten, das Duschwasser nicht länger als 10 Minuten laufen zu lassen – haben wir noch nie im Leben!! Dafür wird der Rasen des Campgroundes kräftig gewässert.

Nochmals Eisenbahn
Auf unserer Reise 2002 kamen wir gegen Mittag in Silverton an und wie ich im Visitor Center sah, standen wir kurz vor der Ankunft des nostalgischen Dampfzuges von Durango. Gleich rannte ich mit der Videokamera hinaus zum Bahngeleise und konnte noch rechtzeitig die spektakuläre Einfahrt der fauchenden Lokomotive filmen.
Auf der nächsten Reise 2006 war natürlich die Fahrt Durango-Silverton und zurück fest eingeplant, notabene am zweiten Tag  nach der Saisoneröffnung.
Auf unserer Fahrt von Ouray nach Durango kommen wir wiederum in Silverton vorbei, und natürlich rechtzeitig, um die Einfahrt des ersten Dampfzuges mitzuerleben. Von weitem schon hört man das Fauchen der Lokomotive, die den Zug auf eine Höhe von 2700 m ziehen muss. 
Früher führte eine Bahnstrecke sogar über den Red Mountain Pass  (3350 m) ins Bergbaugebiet oberhalb Ouray. Die Berge haben tatsächlich die rote Farbe der Metalle.

Mit dieser Schmalspurbahn wurde das abgebaute Erz (Gold, Silber, Kupfer, Blei) ins Tal transportiert. Die Strasse Ouray-Silverton, auf der wir fahren, heisst Million Dollar Highway, weil der Strassenkoffer aus kostbarem edelmetallhaltigem Gestein besteht.



Die Bahnstrecke Chama–Antonito der Cumbres-Toltec Narrow Gauge Railway Co. wird erst Ende Mai eröffnet. So mussten wir diese Fahrt auf heute verschieben.
Um 10 Uhr beginnt die Lokomotive zu fauchen und fährt gemächlich mit sieben Wagen im Schlepptau los. Wir sitzen im hintersten ‚Parlor’-Wagen, in dem früher nur die ‚Minenbarone’ und hohen Politiker sassen. Entsprechend geehrt fühlen wir uns schon und werden auch verwöhnt. Die Strecke ist über 100 km lang, steigt mit einer maximalen Steigung von 4% 600 m hoch auf 3000 m und ist damit die längste und höchste Nostalgiebahn der USA. Elfmal überqueren wir die Grenze New Mexiko-Colorado.

Nun, so dramatisch wie auf dem Plan ist die Streckenführung auch wieder nicht. Die Ziehharmonika darf ruhig auseinander gezogen werden. Doch imposant ist die Streckenführung allemal. Dem Zug folgt in einem bestimmten Abstand ein Löschzug. Auch auf der Strasse fährt ein Feuerwehrwagen. Die Gegend ist ja sehr trocken! Die Lok verdunkelt den Himmel bei der Steigung. Die sonst weissen Stämme der Espen sind gelb-braun verfärbt. Ein Heer von 2500 Freiwiligen setzt sich für den Unterhalt der Bahn ein. Ohne sie wäre dieses Erlebnis nicht möglich.







2 Comments:

At 5:42 PM, Anonymous Andrea said...

Meine Lieben

So schön, diese Reise - dank für die Bilder und die Beschreibung folge ich Euch auf dem Worte.
Das Muledeer ist wirklich sehr niedlich mit seinen riesigen Ohren! Und der Blick auf die Schlucht ist beeindruckend. Auch die Eisenbahn ist sehr imposant. Die originalen Tunnelkonstruktionen aus Holz haben mich jedoch etwas mulmig fühlen lassen.
Ich sitze hier immer noch im Regen.
Herzliche Grüsse, trotzdem.

 
At 12:41 AM, Anonymous Mela and boys said...

Tschu tschuuuu! Die Buben möchten auch gerne mit der Dampflok fahren. Und in den Tunnel hinein. Und mit den Harley Davidson. Das hat den meisten Eindruck gemacht :) Ich hab schon erzählt, dass ihr Videos gemacht habt, darauf freuen sie sich sehr :) Und ich freu mich auch auf eure Face-to-face-Reiseberichte! Dieses Wochenende einmal? Herzlich Mela & boys

 

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