ursundestherunterwegs

Tuesday, April 20, 2010

Von Yuma nach San Diego

In Yuma übernachten wir auf einem Campground, wo fast ausschliesslich Residents in schön eingerichteten und mit Blumen geschmückten RVs oder Häuschen im Schatten dicht belaubter Bäume hausen. Alles sieht eng, aber recht ordentlich aus. Am Rand blühen weisse Oleander, Vögel zwitschern schon früh am Morgen.
Da die Geschäfte in der kleinen, schmucken Down Town nicht vor 10 Uhr öffnen. besichtigen wir den historischen Quartermaster Depot Park, sehen dort Fuhrwerke aus der Pionierzeit, einen alten Ford, das gediegene, geräumige Wohnhaus des Kommandanten, hören dem Gezwitscher des Mocking birds zu, der alle möglichen Vogelstimmen imitiert.

Erst nach 11 Uhr fahren wir auf der I-8 weiter und machen einen kurzen Fotostopp bei den Algodones Dunes der Imperial County, eine echte Sandwüste mit mächtigen Dünen, an deren Rand allerlei Blumen blühen. Um diese etwa 10 Meilen breite Sandbarriere zu durchqueren, wurde in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts ein mobiler Holzplankenweg gebaut. Die Autos durften mit max. 10 Mph darüberfahren. Eilige Fahrer rutschten rasch mal von den Planken ab und blieben sich im Sand stecken. Ein breiter Bewässerungskanal, der All American Canal, führt ebenfalls durch diese Dünenlandschaft. Wir sehen weite fruchtbare Felder. Eine Maschine mäht kleinwüchsiges Gras. Der Grenzzaun zu Mexiko verläuft 100 m neben der I-8. Dann passieren wir zwei Kontrollen. Eine kontrolliert die Einfuhr von Lebensmitteln, eine andere verhindert die illegale Einwanderung von Mexikanern (Border control). Da unser Aussehen und das Visum im Pass Vertrauen erweckt, dürfen wir passieren. Auf der # 111 geht es schliesslich nordwärts ans Ostufer des Salton Sea. Wir sehen eine riesige Cattlefarm mit Tausenden von eng zusammen gepferchten Rindern. Ein separates Eisenbahngleis führt zu einem mächtigen Futtersilo.
Wir suchen eine Bleibe für die Nacht. Alle State Areas, an denen wir vorbeifahen, sind geschlossen. Der Staat Kalifornien, erklärt uns eine Dame, sei in schlechter finanzieller Lage und könne sich das Personal nicht mehr leisten! Aber eigentlich gefällt es uns hier gar nicht. Die Landschaft ist nämlich enttäuschend. Da erblicken wir in der Ferne grüne Sträucher und Palmen. Erfreulicherweise befindet sich dort der einzige noch offene staatliche Campground, auf dessen lediglich 12 Plätzen nur gerade zwei RVs stehen. Der Ort ist sehr schön. Hinter uns die Chocolate Mountains, unser Stellplatz nahe am See, im Westen die Santa Rosa Mountains, deren Gipfel schneebedeckt sind. Wir beobachten allerlei Vögel, blicken hinaus auf den (vermeintlichen) Sandstrand und das Wasser. Der Strand besteht ausschliesslich aus kleinen Stücken von Muschelschalen und Skeletten anderen Tieren. In Millionen von Jahren wird hier eine dicke Schicht Kalk abgelagert - so können wir uns die Entstehung von Kalkgebirgen vorstellen. Wir befinden uns auf 70 m unter Meeresniveau.

Nach dem Mittagessen lesen wir, gehen um 17 Uhr Mela telefonieren, was mit etlichen Schwierigkeiten verbunden ist. Die einzige Funktion des Telefonapparats beim Parkeingang besteht im Münzen Schlucken, sonst geht wirklich nichts! Wir müssen 2.5 Meilen zum nächsten Verkaufsladen fahren. Der schluckt weitere Münzen. Schliesslich versuchen wir es mit der Telefonkarte, die ebenfalls kräftig an unserem Guthaben zehrt. Emil geht es nun besser, er hat Antibiotika - das Allerheilmittel amerikanischer Ärzte - geschluckt. Wir werden morgen Mittag in Anza Borrego mit ihr nochmals telefonieren.
Den späten Abend bis Sonnenuntergang um 19 Uhr verbringen wir am Strand. Unzählige Vögel finden sich zum Abendessen ein: Taucherli mit roten Augen (Ich diagnostiziere: Entzündung wegen des Salzwassers), Pelikane mit Geschwüren auf dem Schnabel - ich nenne sie Nashornpelikane, vermutlich ein Silberreiher und ein Blaureiher (blue heron), Seemöven, Seeschwalben, zwei Black-necked stilts (sie stehen auf einem Bein), Black-pellied plover etc... Wir ärgern uns lediglich an den Chinesen, die mit Ausdauer daran sind, den See leer zu fischen.


Der Salton Sea existierte schon früher mal, der Wasserspiegel lag aber 90 m höher. Indianer siedelten an seinen Ufern. Dann trocknete der See aus. 1905 füllte ihn der Colorado River, der bei Hochwasser einen Damm durchbrach, wieder auf. Das Wasser verdunstet, die von den Zuflüssen herangebrachten spärlichen mineralhaltigen Wässerchen tragen zur Versalzung des Sees bei.
Die # 111 führt direkt neben dem Campground vorbei, gleich dahinter eine Eisenbahnlinie, eine direkte Verbindung von LA nach Yuma, auf der alle 10-15 Minuten ein 100 Wagen langer Güterzug vorbeidonnert. Die Motoren der Lokomotiven erzeugen tiefe Schwingungen, die wie in einer Disco das Zwerchfell zum Vibrieren bringen. Zudem lassen sie beim benachbarten bewachten Bahnübergang ihr Horn ertönen. Tagsüber hört man sie meilenweit; in der Nacht sieht man ihre starken Scheinwerfer von 10 km Entfernung. Was soll’s? Das hat Tradition wie das Campfire oder die überdimensionale Kaffeetasse beim Morgenspaziergang mit dem Hund. Wir können uns auf eine unruhige Nacht gefasst machen. Da hilft nur ein kräftiger Schluck Bier!
Am nächsten Tag umfahren wir den Salton Sea in Gegenuhrzeigerrichtung. Wir fahren an Palmplantagen und Orangenhainen vorbei. Mit dem scharfen Blick auf biologische Produkte entdeckt Esther eine wahre Fundgrube: Die Oasis Date Gardens führen seit über Hundert Jahren eine gross angelegte Dattelfarm und sind auf biologischen Anbau spezialisiert. Die grosse dazu benötigte Wassermenge wird seit 1913 durch artesische Brunnen geliefert. Wir kaufen gleich grosszügig ein. Ich trinke biologischen Kaffee, und wir essen ein Dattelbisquit, von dem wir, weil es so gut mundet, gleich ein paar Packungen dazu kaufen. Bald erreichen wir wieder das Wüstengebiet des Anza Borrego Desert Parks. Die Ocotillos tragen nun tiefgrüne Blätter und stehen in voller Blüte. Um 12 Uhr telefonieren wir Mela. Emil hat wieder hohes Fieber. Deshalb müssen wir auf ein Treffen im Anza Borrego verzichten. Die Hitze und die Sonne würden Emil nicht gut tun! Wir werden unseren Aufenthalt hier abkürzen und dann die letzten drei Tage bei und mit ihnen in San Diego verbringen.
In der Wüste ist es tagsüber recht warm. Wir messen 32°. Im Visitor Center hören wir uns zwei Vorträge an: einen über Fledermäuse, einen anderen über ‚solar cooking’. Überzeugender ist für mich ein Radfahrer, der sein Gefährt mit Solarzellen überdacht hat, die vier Batterien speisen, welche Energie für einen Elektromotor liefern. Bei der starken Bestrahlung rast er richtig gehend davon.

Am Samstag Morgen fahren wir gleich los auf direktem Weg zu unserem lieben Enkelkind und seinen Eltern in San Diego. Dort uns ist es für uns ungewöhnlich kühl - wir tragen zum ersten Mal wieder eine Jacke - und feucht. Wir erfahren, dass der Flugverkehr in Europa durch den Ausbruch des Eyjafjallajökull lahmgelegt ist. Wir versuchen, via telefonische Rückflugbestätigung Näheres in Erfahrung zu bringen, bleiben aber fast eine Stunde in einer telefonischen Warteschlaufe stecken. So vertreiben wir uns lieber die Zeit mit unserem Enkelkind. Die Jungen hoffen, der Flugverkehr bleibe noch längere Zeit lahm gelegt, damit wir in San Diego bleiben. Schliesslich können wir unseren Rückflug per eMail durch unser Reisebüro in Zürich bestätigen lassen. Wir erfahren dann auf der Homepage der Swiss, dass bereits am Montag Abend der erste Flug Los Angeles - Zürich stattfindet.

Unserem Enkelkind Emil geht es bald wieder besser. Wir spazieren öfters der Küste entlang - wobei er gewöhnlich im Kinderwagen in einen gesunden Tiefschlaf fällt. Am Montag besuchen wir mit ihm und seinem Vater das äusserst interessante und zugleich lehrreiche ‚Birch Aquarium at Scripps’.
Heute Dienstag werden wir mit unseren Jungs noch einen Kaffee trinken, dann nach Los Angeles fahren, wo wir am Mittwoch Vormittag den RV zurückgeben. Wir hoffen, dass wir dann am Abend den Rückflug in die Schweiz antreten können.

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