ursundestherunterwegs

Thursday, April 01, 2010

Big Bend

Unsere Route von Las Cruces nach Alpine:

Nach einer ruhigen Nacht in Van Horn muss ich Esther um 8 Uhr aus tiefem Schlaf wecken. Wir waren erst um Mitternacht zu Bett gegangen und die Temperatur war angenehm kühl. Die Züge hörte ich im Traum hornen, liess mich dadurch aber nicht wecken.

Die über 200 Meilen lange Fahrt zum Big Ben ist nicht sensationell. Zuerst 70 Meilen flaches, trockenes Weideland. Dann südostwärts über coupiertes Gelände hinunter nach Presidio. Wir kaufen in einem Laden ein, wo man nur Spanisch spricht. Dann folgen wir dem linken Ufer des Rio Grande bis Lajitas. Wir fühlen uns auf der gut ausgebauten #170 wie auf einer Achterbahn: mit 15% Steigungen und Gefälle auf und ab. Der besondere Kick dabei: Bevor wir auf einen Kulminationspunkt kommen, weiss man noch nicht, wie die Strasse, die plötzlich aufzuhören scheint, weitergeht: gradeaus, links oder rechts. Dies richtig zu erraten ist lustig - und zugleich überlebenswichtig. Offenbar haben wir immer richtig getippt. So gelangen schliesslich heil in den riesigen (3'000 km2 grossen) Big Bend National Park. Zuvor machen wir an der einzigen Raststätte, die es auf über 100 Meilen Achterbahn gibt, eine Mittagspause unter Schatten spendenden Tipis am Ufer des kleinen Rinnsals, das sich Rio Grande nennt und hier eine grosse Biegung (bend) nach Nordosten macht. Auf der mexikanischen Seite heisst er Rio Bravo. Den meisten dürften die beiden Namen von Western her bekannt sein. Sein Wasser verliert er in zahlreichen Stauseen an die Bewässerungssysteme der Landwirtschaft. Der 3000 km lange Fluss, der auf den letzten 1800 km die Grenze zwischen Texas und Mexiko bildet, erreicht nicht einmal das Meer, sondern hört vorher auf zu existieren, wie der Gelbe Fluss in China.


Auf dem Campground Chison Basin haben wir Mühe, einen freien Stellplatz zu finden, hatten aber wirklich Glück: ein absolut ruhiger Platz am Rand des Terrains mit herrlichem Ausblick auf die Bergkulisse. Auch hier auf 1650 m Höhe ist die Temperatur gegen 30°. Im RV messen wir 35°. Um uns abzukühlen, setzen wir uns daher in den ..... (s.letzen Blog). Erstaunlicherweise ist es in der Nacht auf unserer Höhe bedeutend wärmer (das Thermometer fällt nicht unter 19°) als am Flussufer, wo es höchstens 10° ist. Vermutlich speichern die mächtigen Rhyolitfelsen ringsum die Sonnenwärme.

Wenn man sich den Chison Mountains nähert, kann man sich von Weitem nicht vorstellen, dass sich hinter den kahlen Bergen eine reiche Vegetation verbirgt. Chison Basin gleicht einer Caldera, die ringsum von einer zerklüfteten hochragenden Bergkette umgeben ist, welche den Kraterrand eines (gottlob erloschenen) Vulkans bilden. In Wirklichkeit stellt die Felsenkulisse die von der Erosion verschont gebliebene Masse dar, welche Asche und Lava von vor 42 Millionen Jahren ausgebrochenen Vulkanen sowie vom Magna, das aus der Tiefe hervorquoll, gebildet haben.


Um 18 Uhr machen wir noch einen kleinen, anderthalbstündigen Trail (Chison Basin Trail) und waren noch rechtzeitig, bevor die Mountain Lions (Cougars, Berglöwen) sich unter den Campern ihre Abendmahlzeit aussuchen, zurück. Da wir im Vergleich zu den meisten Amis aber nichts Verlockendes zu bieten haben, fühlen wir uns sicher. Von ihnen gibt es im ganzen Park gegen 20 Tiere. Auch die Schwarzbären, die 1940 ausgerottet waren, wanderten seit 1980 von Mexiko her wieder ein. Heute zählt man ein gutes Dutzend. Sie alle haben ihr abgegrenztes Territorium. Auf dem Campground beobachten wir drei Weisswedelhirsche, die sich auch von einem bellenden Hund nicht vertreiben lassen. All diese Tiere sind mit der nach der letzten grossen Eiszeit einsetzenden Vegetation hier heimisch geworden.


Um 20.30 Uhr gibt ein Ranger im sogenannten Amphitheater eine Diaschau zum Thema Weltklima und bringt Fakten, die eigentlich alle wissen: von „Reuse“, „Reduce“ und „Recycle“. Alle hören natürlich eifrig zu. Nach der Vorstellung fährt eine recht grosse Zahl der Teilnehmer mit dem Auto die 500 m zum Campground zurück!

Morgens um 8 Uhr ist es noch 19° warm. Ein angenehmes Gefühl, mal eine Nacht nicht kalt zu haben. Kurz nach 9 Uhr machen wir uns auf den Weg. Nach nur 1.6 Meilen Fahrt parkieren wir am Trailhead und beginnen um 9.50 Uhr eine schöne Wanderung, den Lost Mine Trailhead, so genannt nach einer Silbermine, wo aufständische Einheimische, die von Spaniern versklavt wurden und unter furchtbaren Bedingungen in den Silberminen für sie arbeiten mussten, ihre Unterdrücker ermordeten, in die Mine warfen und diese zuschütteten. So wird es berichtet. Der schöne Fussweg, der in den 30er Jahren vom CCC (Civilian Conservation Corps) in einem Beschäftigungsprogramm der USA zur Zeit der grossen Wirtschaftskrise im eben erst gegründeten Park angelegt wurde, führt gemächlich mit konstanter leichter Steigung nach 4 km und 320 Höhenmetern zu einem überwältigenden Aussichtspunkt. Der Aufstieg führt meistens im Schatten; bei der Rückkehr hingegen sind wir der stechenden Sonne ausgesetzt. Unterwegs gibt es 24 Markers, die auf eine Sehenswürdigkeit hinweisen, die in einer Broschüre erklärt sind. Wir sehen neben bereits bekannten Pflanzen und Bäumen wie die Sotol, Nolina (Beargrass oder basketgrass #18), Agaven, Alligator Juniper, u.a. die Mexican drooping juniper (oder weeping juniper). Leider war es in den letzten Monaten hier sehr trocken. Die Vegetation verdorrt, die Wege sind staubig.


Um 13.30 Uhr essen wir in der Lodge einen feinen Salat, besuchen kurz das Visitor Center und trinken dann im 34° warmen RV einen Kaffee. Für eine Siesta ist es zu heiss.
Gegen 17 Uhr machen wir uns wieder auf den Weg: den Window Trail. Er führt 200 m abwärts in Richtung Rio Grande. Bald erreichen wir einen kleinen Canyon, wo in ausgewaschenen Becken Wassertümpel vorhanden sind. Insekten, ein Fröschchen und daneben ein alligator lizard, der sich in einer Felsspalte vergeblich vor meinem Fotoapparat in Sicherheit bringen will. Unterwegs sehen wir auch uns völlig unbekannte Sträucher. Den einen nennen wir Amateurbotaniker Erdnussglyzinie, weil er ähnliche Blüten wie die Glyzinie trägt und Früchte hervorbringt, die den Erdnüssen gleichen und deren Inneres rote Nüsschen verbirgt. Einen anderen nennen wir vorläufig Judasbaum, den wir von Griechenland her kennen. Er stimmt mit ihm aber nur in der Farbe der Blüten überein! Das Ende des Canyons erreichen wir auf in den Fels gehauenen Treppen. Er öffnet sich wie ein Fenster in die mexikanische Berglandschaft hinaus. Das Wasser, wenn es tatsächlich mal welches hat, stürzt sich dann als hoher Wasserfall in die Tiefe. Weil wir das nicht tun wollen, kehren wir wieder um, nun die stechende Sonne im Rücken. 31° zeigt das Thermometer, als wir um 19 Uhr wieder zum Campground emporsteigen.


Zum Nachtessen bitten uns die freundlichen Campernachbarn an ihren unterdachten Tisch. Das Ehepaar stammt aus Moab und übernachtet jeweils im kleinen dreieckigen Anhänger, der für die Nacht aufgeklappt wird. Es sind offenbar Republikaner, die mit dem gestrigen Rangervortrag gar nicht einverstanden sind. Unter Bush hätte man solche Themen nie in einem NP vorgebracht! Die Nacht ist unangenehm warm. Noch um 3 Uhr zeigt das Thermometer 25°!

Am nächsten Morgen fahren wir zum Big Bend Village. Dort werden tagsüber 37° gemessen. Wir wandern nur kurz zu einem Canyon. Der Fluss (die Wassermenge entspricht hier etwa der des Inn im Engadin!) schlängelt sich dort durch eine tief eingeschnittene Felsbarriere. Es ist furchtbar heiss. Vom mexikanischen Ufer watet ein Mann durch das hüfttiefe Wasser herüber, ein anderer zu Pferd. Illegale Einwanderer!! Doch wo wollen sie schon hin? Nachher erwarten sie 400 km f...trockene Wüste! Sie kommen nur herüber, um ein paar Dollars zu verdienen mit geschnitzten Wanderstäben, kleinen Schmucksachen oder ihrem Gesang, der durch den Canyon hallt. In der sengenden Hitze wollen wir nicht bleiben und noch weniger übernachten.


So verlassen wir kurz nach Mittag den ‚Big’ River und fahren zwei Stunden nach Norden, erreichen das kleine Universitätsstädtchen Alpine - das tönt so richtig nach Schnee und Bergen! Hier auf 1500 m ist die Temperatur tatsächlich angenehm.

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