ursundestherunterwegs

Wednesday, August 30, 2006

IM KOOTENAY (BC)

Da wir heute Abend in Castleberg unerwartet drahtlosen Internetanschluss haben, senden wir schon wieder eine neue Nachricht. Eine Karte folgt mit der nächsten Nachricht.

Der Kootenay ist das südöstliche Gebiet von British Columbia, umfasst mehrere hohe Bergketten in nord-südlicher Ausrichtung. Zwischen ihnen erstrecken sich wunderschöne, schwach besiedelte Täler mit Flüssen und einer Vielzahl lang gezogener Stauseen. Braun- und Schwarzbären, Elche, Wapitihirsche und Rehe haben hier ein weites Revier. Leidere sehen wir keine davon. Der Westen ist eher feuchtes Regenwaldgebiet, der Osten trockener und der Süden wegen der Wärme und der Bewässerungsmöglichkeit äusserst fruchtbar. Dieser Sommer war (und ist jetzt noch) recht heiss und trocken. Das treibt die Bären in die Täler, da sie in den Wäldern keine Beeren finden.


DER GLACIER NP
Frisch gestärkt vom Thermalbad und der Massage fahren wir in den Glacier NP. Auf der Passhöhe, dem Rogers Pass (1350m), stellen wir die Uhr wieder auf Pacific Time (Schweizerzeit + 9 Std.) und gewinnen so eine Stunde Schönwetter.
Der Glacier NP befindet sich mitten in den Selkirk Mountains. Diese Gebirgskette verläuft parallel zu den Rocky Mountains (Jasper, Banff, Yoho und Kootenay NP) in Nord-Süd Richtung und wird im Osten, Norden und Westen vom Columbia River umsäumt, der 100 km südlich von Radium Hot Springs entspringt und zuerst nach Norden, dann nach Süden fliesst. Zwischen Revelstoke und Castlegar, wo der Kootenay River in den Columbia mündet, wird er zu einem 232 km langen Stausee. Dann wendet er sich den USA (Washington) zu und mündet nach Portland in den Pazifik.
Im Glacier NP befinden sich 440 Gletscher. Bald werden es weniger sein. Wir befinden uns im Regenwald. Im ‚lonely planet’ lesen wir: „it only rains here twice a week - once for three days and then again for four.“ Petrus schläft offensichtlich: wir haben prächtiges Sommerwetter. Auf dem Campground auf 1250 m bei einer ehemaligen Bahnschlaufe der Canadian Pacific Railway (CPR) wird es am Nachmittag 26°!

Der Rogers Pass ist ein bedeutender Übergang. Als British Columbia 1871 zur Kanadischen Konföderation kam, versprach der erste kanadische Präsident, Sir John A. MacDonald, innerhalb von 10 Jahren BC mit dem bereits bestehenden kanadischen Bahnnetz zu verbinden. Das war ein schwieriges Unternehmen, da es galt, einen Weg durch die Rocky Mountains und die Selkirk Mountains zu finden. In den Rocky Mountains wurde die Bahnlinie über Banff, Lake Louise durch den Yoho NP geführt. In den Selkirk Mountains folgte Major A. B. Rogers 1881 dem Illecillewaet River von Westen her und im folgenden Jahr von Osten her und fand den Zugang zum später nach ihm benannten Pass. Den ihm für seine Leistung ausgestellten Check über 5000 $ löste er nie ein. Am 7. November 1885 wurde die Bahnstrecke eingeweiht. Übrigens wurden Schweizer Bahningenieure zum Bau der Kehrtunnels NP à la Gotthardbahn im Yoho NP herbeigezogen. Eine heikle Strecke war der Rogers Pass selber. Obwohl nur auf 1350 m gelegen, fallen hier im Winter normalerweise 12 m Schnee. Deshalb fuhren im ersten Winter 1885/86 noch keine Züge über den Pass. Erst als 1904 Schneeschleudern eingesetzt wurden, war der Betrieb im Winter möglich. Doch nur während weniger Jahre fuhr die CPR über den Rogers Pass.

Das still gelegte Bahntrassee ist heute auf 3.8 km als breiter Weg begehbar. Informationstafeln künden von der früheren Glanzzeit. Um die Finanzen der Bahn aufzubessern, wurde hier, wo heute der Campgrund liegt - wie schon zuvor in Banff und Lake Louise - ein Hotel gebaut. Der Tourismus blühte auf. Schweizer Bergführer wurden angeheuert, die viele Berggipfel für die Touristen erschlossen. Die Gegend erinnert uns an Morteratsch: Die Kurve der Bahnlinie, der Wald, Gletscher und Berggipfel im Hintergrund.

Dann geschah das Furchtbare: Am 4. März 1910 waren Arbeiter damit beschäftigt, die von einer Lawine verschüttete Strecke neben einem Tunnel frei zu schaufeln, als unerwartet von der Gegenseite eine Lawine hernieder donnerte und über 60 Arbeiter verschüttete. Ein 4 km langer Tunnel wurde gebaut. Das bedeutete das baldige Ende des Hotelbetriebs. 1925 wurde das Hotel geschlossen und demontiert. In den 80er Jahren wurde ein weiterer, 14 km langer Tunnel gebaut (der längste auf dem nordamerikanischen Kontinent), der jedoch wegen Lüftungsproblemen kaum befahren wird.

Am Sonntag lockt uns der Berg. Um halb neun Uhr gehen wir im schattigen Wald auf schön ausgebautem Wanderweg in die Höhe. Vermutlich wurde dieser Weg von den damaligen Schweizer Bergführern angelegt. Geschickt überwindet er einige abschüssige Felsbarrieren. Auf dem Abbott Ridge (ein Bergkamm) erwartet uns nach 2 ½ Stunden Aufstieg eine unerhörte Aussicht auf Berge und Täler. 345° soll das Panorama der vergletscherten Gipfel betragen. Wir können uns kaum satt sehen. Und was erfreulich ist: Keine Kuhfladen, kein Schafskot, keine lauten Touristen. Erst beim Abstieg kommen uns ein gutes Dutzend Leute entgegen, meistens Europäer.


IM OESTLICHEN KOOTENAY
Im Städtchen Revelstoke campieren wir direkt am Williams Lake, einem fast 25° warmen Badesee, was uns sehr entgegen kommt. Tags darauf fahren wir auf praktisch verkehrsfreier Strasse dem zum Upper Arrow Lake gestauten Columbia River entlang südwärts und überqueren ihn in einer zwanzigminütigen Fahrt auf einer Gratisfähre. Überall in den Wäldern sehen wir Rauch und sehen und hören Helikopter, die Löschwasser herbeibringen. Die Leute haben sich an die vielen Waldbrände, die zum grossen Teil menschlicher Nachlässigkeit zuzuschreiben sind, gewöhnt.
In den Halycon Hot Springs lädt uns wiederum ein Thermalbad zum Verweilen. Der Campground gleicht zwar eher einer Kiesgrube, meint Esther, doch das Bad ist hervorragend. Etwa 50 m über dem steilen bewaldeten Seeufer angelegt, gibt es vier Becken mit Temperaturen von 12 bis 42°. Am Abend geniessen wir nochmals eine Massage. Diesmal kommt Urs auf seine Rechnung: eine schmerzlose, sanfte Behandlung durch weibliche Hände. Die Masseuse rät uns dringend, nach Osoyoos zu fahren. Dort sei das Klima trocken und warm, nicht feucht wie hier. Und tätsächlich beginnt es auch gleich zu regnen, und wir besinnen uns auf ihren Rat.

Über Nakusp geht es am nächsten Morgen weiter südostwärts an den Kootenay Lake, den gestauten Fluss, dem wir im gleichnamigen Nationalpark entlang gefahren sind. Da es fast ununterbrochen regnet, verzichten wir auf Wanderungen und fahren über Nelson nach Castlegar. Hier zeigt sich wieder die Sonne. Es habe hier nur zehn Minuten geregnet und gestern sei es 35° warm gewesen. Der Regen wäre für die Vegetation dringend nötig. Morgen fahren wir weiter ins westliche Kootenay.

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