ursundestherunterwegs

Thursday, June 01, 2006

Regen und Sonnenschein

Im Regenwald
Fünf Wochen Trockenheit und Wärme oder sogar Hitze, nun zwei Wochen Feuchtigkeit – ein annehmbarer Ausgleich.
Die Fahrt der Küste entlang nordwärts auf der #101 durch die üppige Vegetation ist faszinie¬rend; das verdankt sie der Feuchtigkeit und den ausgeglichenen Temperaturen. Die Wanderungen durch die Redwood-Wälder erfordert allerdings ein gutes timing: zwischen zwei Regengüssen, gut geschützt mit Regenjacke und Regenhose durchstreifen wir den Wald. Hier sehen wir nun alte hohe Redwood-Stämme. 3% des Bestandes erreicht ein Alter von über 2000 Jahren. Alles ist üppig: Farn am Boden, den wir kaum sehen können, Sträucher und Bäume, die aus den logs (umgestürzte Baumstämme) heraus wachsen. Ältere Bäume, v.a. Laubbäume, sind mit Flechten bedeckt (curtain trees). Wir sehen auch den Kalifornischen Lorbeerbaum, den Wine Maple (Reben¬ahorn). Wo die Sonne stärker durchdringt, wachsen wilde Rhododendren – eine wahre Farbenpracht. Die Pfade erinnern mich ein wenig an den West Coast Trail auf Vancouver Island, den ich vor vier Jahren mit Urs Bamert begangen hatte. Doch hier haben wir keinen 25-kg Rucksack zu tragen, und die Wege sind eigentlich trocken und beinahe rollstuhlgängig. Das Sonnenlicht bricht durch die hohen Stämme herein und beleuchtet die mit Moos bewachsenen Stämme. Ein Bächlein fliesst ruhig dahin; das Bachbett ist rostrot gefärbt vom Tannin der Redwood-Bäume. Nur das Pfeifen eines Vogels ist zu hören. Es beginnt wieder zu regnen. Im Wald bleiben wir unter dem dichten Nadeldach vom Regen fast völlig verschont. Auch noch Stunden später ist der Boden unter einzelnen kräftigen Bäumen absolut trocken!

Im Camper lässt sich der Regen leicht ertragen. Wir sehen ein junges Paar, das im strömenden Regen joggt, jedes mit einer Wasserflasche in der Hand. Offenbar macht Joggen bei Regen durstig!? Wir denken auch an die zahlreichen Leute, die nun mit nassen Kleidern in den feuchten Zelten sitzen und auf ihr beliebtes camp fire verzichten müssen. Das ist hart; ist doch das camp fire für zeltende Amerikaner der Lebensinhalt – ein Relikt aus der Pionierzeit. Es darf in dazu vorgesehenen Feuerstellen praktisch immer Feuer angefacht werden. Selbst bei hoher Waldbrandgefahr, wenn bei uns schon höchste Alarmstufe angezeigt ist und die Feuerwehr Schlauch bei Fuss steht, darf immer noch gezeuselt werden, allerdings nur mit Holzkohle. Vielleicht gibt es im ‚Land der unbegrenzten Möglichkeiten’ bald ein Feuer, das nicht brennt, aber raucht und stinkt!

Sonnenschein
Bis in den Abend hinein hat es heftig geregnet, am Morgen aber scheint die Sonne. In unserer Nachbarschaft ist am Abend während des Regens ein eigentliches Zeltlager entstanden: etwa fünf Autos, ebenso viele Zelte und Unterstände, sodass bei uns bezüglich Nachtruhe bereits Zweifel aufkommen. Doch die Leute mit Kindern jeglichen Alters benehmen sich sehr gesittet. Sie entschuldigen sich, wenn ihr Rugbyball auf unseren RV fällt, grüssen aus einer Distanz von 20 m, sobald wir unsere Tür öffnen. Während des Morgenessens beobachten wir durchs Fenster die kleinen Kinder auf dem Asphaltsträsschen: ein kleines Mädchen im Pyjama führt einen kleinen Hund spazieren – nein, es springt und hüpft mit ihm umher. Ein weiteres, natürlich mit Helm, fährt auf seinem Kindervelo, ein anderes, ebenfalls mit grossem Helm, der seine Sicht fast verdeckt, auf dem Trottinett. Alle noch im Pyjama. Eine Dame geht, diese allerdings nicht im Pyjama, aber mit ihrem Necessaire in der einen, dem mug (eine grosse Isoliertasse) in der anderen in den restroom (=WC/Dusche). Kein Erwachsener ist zu sehen ohne mug. Drin soll sich eine Brühe befinden, die man hierzulande coffee nennt. Was ebenfalls zum american way of life gehört: beim Zelten trägt man eine Baseball-Mütze und Shorts, ob es warm ist oder kalt, die Sonne scheint oder Regen fällt; selbst wenn die Beine vor Kälte rot angelaufen sind.

Mit dem Sonntag beginnt nach einer Woche Regen eine sonnige Periode.

Spaziergänge am Strand
Das Hinterland Nordkaliforniens besteht vor allem aus sandigem Boden, auf dem sich die Vegetation ausbreiten kann.
Wir unternehmen eine dreistündige Wanderung. Der gute Weg, der für Fahrzeuge fahrbar ist, zieht sich flach zwischen zwei ponds (Teiche) dahin. Wir bedauern, dass wir keine bikes bei uns haben! Der Boden ist sandig, aber vollständig von Gräsern bewachsen. Dazwischen breiten sich Pinienwälder oder vereinzelte Baumgruppen aus. In den Teichen tummeln sich Wasservögel. Die Sonne scheint immer wärmer, der Himmel ist blau; nur in den Bergen sammeln sich die dunklen Regenwolken.Unterwegs treten wir fast auf eine ca. 50 cm lange Schlange – schon wieder! Sie stellt sich tot und lässt sich bestens aus der Nähe fotogra¬fieren. Sie scheint ungiftig zu sein und ist, wie wir nachher feststellen, eine der vielen Arten von Garter Schlangen. Wir sehen manche Vögel, immer wieder Zaun¬könige, En¬ten, Gänse, einen Habicht. Der Duck Pond ist bedeckt von Seerosen, deren grosse kugelige Blü¬ten gelb leuchten (Indian Pond Lily).


Oregon
Am Montag, 29. Mai, überqueren wir auf dem Highway #101 die Grenze nach Oregon.
Hier finden wir in Brookings ein ausgezeichnetes Visitor Center. Wir werden überhäuft mit Karten und Prospekten, als ob wir zwei Monate hier bleiben wollten. Für unsere Rückfahrt durch die Berge im September haben wir nun auch schon alles nötige Material. Die Weiter¬fahrt ist phantastisch: felsige Küsten, links im Meer herausragende Klippen, rechts grüne Wälder. Immer wieder fahren wir an tiefblauen Seen vorbei und über breite Flüsse, die weit vom Gebirge her kommen. Die Fahrdisziplin ist untadelig. Oregon gefällt uns auf Anhieb!

Wir übernachten in einem parkähnlichen Wald. Ein schöner Fussweg führt uns über eine Sanddüne an den Strand, dem wir nordwärts fol¬gen. Der Strand ist sauber, der Sand feinkörnig und dunkel. Bis zu 12 m lange Algenschläuche liegen am Strand. Ein Seehund streckt seinen Kopf aus den Wel¬lenbergen hervor und guckt neu¬gierig umher, als ob er uns ent¬deckt hätte. Ein Fischer fängt Fische und wirft sie dann wieder ins Wasser zurück: ein ‚sportliches’ Freizeitvergnügen. Die Spät¬nach¬mittags¬stimmung ist sehr schön, die Son¬ne scheint warm, die Luft ist kühl wie das Wasser auch.

Die nächsten beiden Nächte verbringen wir in einem Pinienwald am Nordende der Oregon Sand Dunes. Der Boden ist mehrere Meilen ins Landesinnere hinein sandig. Darauf wachsen Gräser, kräftig blühender Ginster, Rhododendren in allen Rottönen, Beeren und Pinien. Barfuss geht es die 50 Meter hohen Sanddünen hinauf und hinunter. Wir entdecken sogar Erdbeeren! An schattigen Uferwegen können wir im Park Seen mit tiefblauem Wasser entlang gehen.


Nachtrag zum Sequoia NP:
Soeben habe ich in meinem Powerbook im Dictionary des Dashboards gelesen, dass die Giant Sequoia, der Mammutbaum des Kalifornischen Nationalparks (s. blog vom 20.5.), nach einem indianischem Gelehrten aus dem Stamm der Cherokee, Sogwali, bekannt als George Guess oder Giss, ca. 1770-1843, genannt wird. Dieser erfand ein syllabisches Schriftsystem, das er Tausenden von Cherokee Indianern beigebracht hat.

3 Comments:

At 7:27 AM, Anonymous Anonymous said...

getting closer!!! did you get my e-mails? is saturday a possible day for an oil change, what exactly does "Kontrolle" mean? just checking that all is in working order? The usual places to get oil changes are first come first serve, no appointments given. Our mechanic (sat,) needs an appt. made. Let me know.
Happy motoring and hiking, see you soon!

 
At 1:43 AM, Anonymous Anonymous said...

Lese Euren Bericht auch in der Toscana in den Ferien. Spannend und lehrreich. Bin nicht sicher ob meine mails angekommen sind, darum schreibe ich mal hier.
Rolf und Lhakpa

 
At 12:55 PM, Anonymous Anonymous said...

Lieber Urs! Andreas Betschinger ist gerade bei uns und erzählte von Eurer Weltreise. Ich möchte nur melden, dass der Compi sehr gut läuft. Nochmals 1000 Dank! Und hebeds schön!
Herzliche Grüsse von Maschi Roth

 

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