ursundestherunterwegs

Sunday, August 13, 2006

Regen - einen lieben Sommer lang


DER RICHARDSON HIGHWAY (Valdez - Delta Junction)
Das Erdbeben von 2004 hatte den Glenn Hwy zwischen Glennallen und Tok stark beschädigt. Von einer Fahrt auf diesen 220 km wurde uns dringend abgeraten. Folglich machen wir den 100 km weiten Umweg über Delta Junction. Die Fahrt durch die Chugach Mountains, am Westrand der Berggipfel des Wrangell-St.Elias NP entlang und durch die östliche Alaska Range ist abwechslungsreich. Wir geniessen den Blick auf die verschneiten Berge, die mächtigen Gletscher, die weiten Täler. Der Wrangell-St.Elias NP ist der grösste NP Nordamerikas und grösser als die Schweiz. Mit dem Mount Logan, der allerdings in Kanada liegt, hat er sogar fast einen Sechstausender (19'550 ft./5950 m). Fälschlicherweise wird er auf manchen Karten und so auch im neuen Wrangell-St.Elias Center als Sechstausender (19'850 ft./6050m) ausgegeben. Endlich wird das Wetter sonniger. Die Strasse ist sehr schwach befahren, und wir erholen uns von der etwas ungewohnten Hektik des Strassenverkehrs auf Kenai Island.
Der Bau des Richardson Hwy geht wie der anderer Strassen auf den Alaska Goldrush zurück. Zuerst wurde von Valdez ein Trail (der Delta Trail) über einen Gletscher angelegt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts baute man dann eine Fahrstrasse über den Thomson Pass, , die im 2. Weltkrieg aus strategischen Gründen ausgebaut wurde.
Die 1973 eröffnete 800 Meilen lange Alyeska Pipeline verläuft parallel zur Strasse. Ein Dutzend Pumpstationen sorgen dafür, dass das über 40°C warme Rohöl innert einer Woche von der Prudhoe Bay über drei Gebirgszüge bis Valdez transportiert wird. An einer der grossen geologischen Verwerfungsstellen Amerikas, dem Denali Fall, wurden für den Fall eines Bebens Vorkehrungen getroffen: die Röhren können sich horizontal bis 7 m, vertikal bis 2 m verschieben. Zahlreiche Informationstafeln geben uns Aufschluss über die zahlreichen Probleme der Pipeline, die wiederzugeben den Rahmen des blogs sprengen würde. Die gegenwärtige Drosselung der BP wegen Korrosionsschäden auf ein Viertel der Normalmenge hat den Benzinpreis in die Höhe getrieben.

In Delta Junction, dem offiziellen Ende des Alaska Hwy, mündet der von Süden von den Alaska Range kommende Delta River in den Tanana River, der von Südosten her seit der Grenze zu Kanada dem Alaska Highway entlang fliesst. Vom Flussufer aus haben wir einen prächtigen Blick auf die weissen Gipfel der Alaska Range: Mount Deborah (3639m), Hess Mountain (3761m) und Mount Hayes (4216m). In der Nähe erhebt sich der Donnelly Dome (früher Delta Dome), das Wetterzeichen für Delta Junction: Zwei Wochen, nachdem der lediglich 3910 ft hohe und damit nur etwa 500 m über DJ sich erhebende Gipfel mit Schnee bedeckt ist, fällt auch in DJ der erste Schnee.

DER ALASKA HIGHWAY (Delta Junction - Haines Junction)
Von Delta Junction fahren wir südostwärts auf dem Alaska Hwy, zuerst bis Tetlin Junction eine Strecke, die wir am 11.7. befahren hatten. Die Fahrt durch die schönen Wälder verläuft ruhig. Wiederum können wir die Fahrt auf der schwach befahrenen Strasse geniessen. Die Berge des Wrangel NP im Südwesten bilden während der ganzen Fahrt eine schöne Kulisse, die uns immer zu Zwischenhalten anregt. Dann geht es in der gleichen Richtung weiter und bald überqueren wir die Grenze zu Kanada (Provinz Yukon). Die zu Alaska gehörende Strecke bis hierher ist ‚nur’ 322 km. Der Rest, 1969 km führt durch kanadisches Staatsgebiet (Yukon und British Columbia).
Die Grenze zwischen Alaska und Yukon wurde 1908 definitiv festgelegt. Eine 6m breite Schneise zieht sich von Süden bis Norden auf dem 141. Längengrad durch Tundra und Taiga. Bis Haines Junction zeigt sich die Landschaft recht monoton. So verpasse ich nichts, wenn ich mich voll auf die Strasse konzentrieren muss. Der Strassenbelag ist nämlich holperig und von unzähligen Schlaglöchern durchsetzt, und mehrmals fahren wir über kilometerlange Baustellen. Der RV wird wieder mit einer festen Schmutzkruste überzogen. Wir verzichten darauf, ihn zu reinigen, denn der bald einsetzende Regen wäscht ihn selber mehr oder weniger sauber.

Am Kluane Lake übernachten wir in traumhafter Lage direkt am Seeufer. Wir wollen hier nochmals die Sonne geniessen. Wir sitzen am Fenster mit Blick auf den See, der von der starken Bise aufgewühlt ist. Weisse Schaumkronen jagen über die Wasserfläche. Den ganzen nächsten Tag regnet es!
Auf dem weitläufigen Areal des Campground, der sich über 500m dem Seeufer entlang zieht, verköstigen sich öfters Grizzlies, da hier viele Beeren wachsen. Wir sehen viele Stauden der Canada Buffaloberry (Soopolallie), die reich an Vitamin C ist, aber auch Durchfall verursacht. Das können wir an den Spuren am Parkeingang feststellen: ein Brei von leuchtend roten Beeren, die der Bär fast unverdaut wieder ausgeschieden hat. Auf der Ostseite zeige sich, so warnt man uns, öfters ein Bär, auf der Westseite eine Mutter mit zwei Jungen. Am Schluss unseres Pirschgangs müssen wir uns gestehen, dass wir eigentlich froh sind, ihnen nicht begegnet zu sein!

DER HAINES HIGWAY (Haines Junction - Haines)
Die 250 km bis an den Lynn Canal an der Pazifikküste zählen zu den schönsten Strecken Alaskas, und wir lassen uns Zeit. Zudem scheint ab und zu die Sonne, so dass wir ein paar Wanderungen machen können.

Die Verbindung vom Meer durch das Gebirge ins Landesinnere war lange Zeit ein von den Tlingit-Indianern streng gehütetes Geheimnis. Ausschliesslich sie trieben über den Chilkat Pass Handel mit den Athabaska-Indianern des Landesinneren. In den Zeiten des Goldrausches gelang es einem Weissen, Jack Dalton, den Indianern dieses Geheimnis zu entlocken. Er legte 1894 einen Trail bis Fort Selkirk am Yukon kurz vor Dawson City an, d.h. alle 20 Meilen installierte er Camps (Zeltunterkünfte mit Verpflegung), und kassierte massive Strassenzölle. Die Tlingit, die er hinterging, versuchten ihn auszuschalten, indem sie die Zelte mit den Vorräten entfernten. Doch Dalton gelang es sich durchzuschlagen, indem er im kalten Winter ohne Proviant 80 km auf Schneeschuhen zurücklegte.
1943 begannen die USA mit dem Bau der heutigen Strasse als Zubringer zum Alaska Hwy. 20 Jahre benötigte man für die nicht ganz einfache Streckenführung. Sie galt stets als topographisch äusserst problematische Strasse. Noch 1970 wurde die Durchfahrt an fünf Posten kontrolliert. Kam ein Wagen nicht innerhalb einer bestimmten Zeit von einem Posten zum andern, wurde sogleich eine Rettungsequipe ausgeschickt.
Kurz vor Haines überqueren wir die Grenze zu Alaska - und es beginnt wieder zu regnen. Das Thermometer steigt nicht über 11°C.

HAINES
An einem Abend fahren wir der Bucht entlang zum Chilkoot Lake. Während zwei Stunden warten wir am Fluss, der aus dem See fliesst, um den Grizzly zu beobachten, der sich jeweils am Abend am Ufer zeigt. Doch heute lässt er sich nicht blicken. Es hat recht viele Leute, die mit Bussen heranchauffiert werden. Ein Grossteil davon sind wohl Passagiere des Kreuzfahrtschiffes, das in Haines ankert. Plötzlich sehen wir einen Wolf für ein paar Sekunden. Nach einer Viertelstunde zeigt er sich wiederum. Das spricht sich herum, und prompt umstehen uns etwa 20 Leute. Weil diese schwatzen, zeigt sich der Wolf nicht mehr! Doch kaum sind die Leute verschwunden, können wir längere Zeit sogar zwei Wölfe, die zu uns herüberschauen, beobachten und filmen.

SKAGWAY
Skagway ist wohl das wichtigste Zeugnis des Klondike Goldrush. Hier legten die Dampfer von Seattle an, und die 30'000 Stampeders machten sich daran, von der Pazifikküste aus das 800 Meilen entferne Dawson City zu erreichen. Im Winter 1898/99 versuchte jeder, sein gesamtes von den kanadischen Behörden gefordertes und kontrolliertes Material (rund eine Tonne) den steilen Weg über den Gletscher (Chilkoot Pass) an den Benett Lake hinüber zu schaffen, wozu er den Pass 20 - 40 Mal überqueren musste (s. Blog vom 11.7.). Der Friedhof, auf dem vor allem Leute unter 45 Jahren begraben liegen, zeugt von den klimatisch und hygienisch problematischen Lebensbedingungen. Innerhalb eines Jahres wurde der gesamte Wald in der Gegend von Skagway und am Bennet Lake gerodet. Am Bennet Lake bauten sich die Stampeders für die Weiterfahrt auf dem Wasserweg Schiffe.
Vier Kreuzfahrtschiffe haben im Hafen angelegt, daher tummeln sich über 1000 Touristen im Städtchen. Auch die White Pass Railway setzt offenbar alle verfügbaren Loks und Wagen ein.
Auch wir machen die Bahnfahrt, allerdings erst gegen Abend. Wir haben Glück: Es regnet nicht und wir geniessen die Fahrt mit Sicht auf den Lynn Canal und die Berge. Es wird heller. Tatsächlich, es gibt sie noch, die Sonne!
Auf einer Brücke muss der Zug abbremsen. Zwei Bären benutzen sie ebenfalls zum Überqueren der Schlucht. Irgendwie haben sie das Gefühl, dass unser Zug mit seinen drei Loks und 13 Wagen stärker ist als sie, und schlagen sich auf der anderen Seite sofort in die Büsche.


SKAGWAY - PRINCE RUPERT (nördlicher Teil der Inside Passage)
Unseren ursprünglichen Reiseplan hatten wir schon Ende Mai (vor Beginn des Regensommers!!!) geändert: Statt von Skagway wieder nach Whitehorse zu fahren, dann auf dem Cassiar Highway zum Yellowhead Hwy zu gelangen, haben wir per Internet die Inside Passage über Juneau (drei Nächte Aufenthalt) nach Prince Rupert (Kanada) gebucht. Wir ersparen uns 1000 Meilen Autofahrt und hoffen auf eine traumhafte Fahrt durch Fjorde, an Gletschern und Berggipfeln vorbei, auf das Beobachten von Walen, auf Wanderungen usw.

JUNEAU
Ankunft um 20 Uhr mit der Alaska Schnellfähre Fairweather (ironischer Name!). Sie fuhr beachtliche 38 Knoten (fast 70 km/Std.)!
Bei der Ankunft regnet es in Strömen. Wir fragen: Does it always rain here? Und man antwortet: No, sometimes it snows! Dass der Herbst begonnen habe, ist für uns ein schwacher Trost. In einer Broschüre lesen wir, dass es in Juneau pro Jahr 250 cm Regen und 250 cm Schnee gibt. Skagway soll mit 60/100 cm trockener als Zürich sein. Als kleiner Trost: An der Küste in Little Port Walter regnet es 550 cm und schneit es 300 cm. Für uns ein Grund, nicht dorthin zu fahren. Gleichzeitig sehen wir im Internet, dass es auch in der Schweiz regnet und kalt ist. Im Süden Kanadas, im Okanagan Valley, hingegen ist es 31° warm. In zweieinhalb Wochen sind wir dort und hoffen, dass wir dann noch einen Rest dieser Wärme geniessen können.
Juneau ist die Hauptstadt Alaskas. Es zählt nur etwa 30'000 Einwohner, liegt an einem schmalen Küstenstreifen, dem eine etwa 30 Meilen lange Strasse entlang führt. Zum Hinterland gibt es keine Strassenverbindung. Es ist also nur mit Flugzeug oder Schiff erreichbar. Der Flughafen ist 15 km von der Downtown entfernt. Er hat zwei Pisten: eine etwa 2 km lange für konventionelle Flugzeuge und parallel dazu einen See für Wasserflugzeuge. Der Fährhafen liegt weitere 5 km entfernt. Hingegen gibt es einen grossen Passagierhafen in der Downtown. Am Sonntag ankern vier grosse Kreuzfahrtschiffe. Entsprechend dicht ist das Städtchen von kaufwütigen Touristen aus aller Welt bevölkert.
Eigentlich hat Juneau sehr viel zu bieten, und wir hatten die Absicht, ein paar schöne Wanderungen zu Gletschern und auf Aussichtsberge zu machen. Das Hinterland ist ein riesiges Eisfeld, aus dem Berggipfel wie Inseln herausragen. Stattdessen fahren wir an den Gletschersee (er liegt auf 30 m Höhe am Rande der Stadt), in den sich der Mendelhallgletscher (20 km lang und 2.5 km breit), der von diesem Eismeer herkommt, schiebt. Ein imposanter Anblick, wenn auch nur durch einen Regenschleier hindurch. Wir beobachten auch ganze Schwärme von Lachsen beim Laichen, eine anstrengende Arbeit für die Weibchen wie für die Männchen. Letztere müssen sich dauernd gegen Konkurrenten wehren, indem sie diese sogar in den Schwanz beissen. Neben dem Bachbett hat ein Bär die Resten seiner Mahlzeiten liegen gelassen. Von den Lachsen frisst er nur noch das Hirn und die Eier, erklärt uns ein Ranger. Der Rest sei praktisch ungeniessbar, da die Lachse seit dem Verlassen des Ozeans nichts mehr fressen und ihr Fleisch zäh wird.
Auch wir geniessen unseren letzten Tag in Alaska mit einem leckeren Lachsessen, von dem wir alles aufessen, weil der Lachs beim Fang natürlich noch jung war.
Morgen früh um 6.15 warten wir am Hafen auf unser Schiff, das uns in 28 Stunden Fahrt nach Prince Rupert führt, wo es gegenwärtig ebenfalls regnet!

1 Comments:

At 8:25 AM, Anonymous Anonymous said...

Ja, wir haben viel Regen an der Westkueste, dafuer haben wir viel gruenes Gewaechs, Regenwaelder. Wir geniessen den viel zu kurzen Sommer immer! Hoffentlich erwischt Ihr wieder schoeneres Wetter.

 

Post a Comment

<< Home