ursundestherunterwegs

Monday, July 03, 2006

VOM CARIBOO HIGHWAY ZUM ALASKA HIGHWAY


Von Quesnel fahren wir auf der #97 weiter, die über Dawson Creek bis Watson Lake führt. Ab Dawson Creek wird sie heute allerdings Alaska Highway genannt. Wir lassen Dawson Creek jedoch rechts liegen, fahren auf der # 29 von Chetwyn über Hudson’s Hope (Bennett Dam) nach Fort St. John und gelangen so auf kürzerem Weg auf den Alaska Highway.

Am Südufer des McLeod Lake finden wir einen schönen Platz direkt am Seeufer. Nur noch ein älteres Ehepaar ist da. Wir geniessen die Ruhe und beobachten den See. Ein Bald Eagle fliegt neben uns eine Runde, nur 10 m entfernt! Esther beobachtet von ihrem Fenster aus das Treiben mehrerer Biber. Ein Kolibri sitzt in der Nähe auf einem Ast. Es wird absolut windstill. Der See ist spiegelglatt, und weil er dunkel ist, spiegelt sich der Abendhimmel zu fast 100%. Leider vermag auch das Campfire die Mücken nicht zu vertreiben.
Am Morgen ist es recht kühl, und der See hat leichte Wellen. In der Ferne sehen wir eine Elchkuh beim Grasen. Ein Golden Eagle badet am Ufer. Intensiv schüttelt er seine Flügel im Wasser und fliegt dann davon. Auf einem Ast sitzt der Bald Eagle, den wir am Vorabend beobachtet haben.

Am Cameron Lake übernachten wir an einem kleinen einfachen Campground. Die Lage ist wunderbar. Wir sind fast allein. Die Sonne scheint warm, wir können das Bettzeug an der Sonne aufwärmen. Ich schwimme im See, wir lesen am Ufer und beobachten Biber, die mit einem hörbaren Schwanzschlag abtauchen, sehen Fische aufspringen und nach Fliegen schnappen. Mücken hat es offenbar keine. Doch geradeso lästig sind die Nachbarn, die draussen sitzen, Besuch haben und bis nach Mitternacht das Radio laufen lassen und quatschen.

Wir fahren nun einsam auf der # 29. Ein Kojote steht am Strassenrand. Er will offenbar die Strasse überqueren. Wir halten am rechten Strassenrand. Er beobachtet uns - wir ihn. Endlich entschliesst er sich, hinüberzugehen. Drüben bleibt er stehen, schaut uns wieder an, macht ein paar Schritte, schaut dabei aber immer zurück. Dann bleibt er stehen, geht hinter einem Hügel weiter. Wir fahren etwas weiter, sehen ihn hinter dem Hügel wieder hervorkommen und die Strasse überqueren. Am Strassenrand geht er weiter, nicht ohne sich dauern umzuschauen, markiert sein Revier und verschwindet schliesslich im Gebüsch.

Ab Hudson’s Hope fahren wir zum Bennett Dam, wo wir um 10.30 Uhr eine Führung im W.A.C. Bennett Dam teilnehmen. Mit einem Bus fahren wir in die unterirdische Kraftwerkanlage und sehen dort den Raum mit den zehn 80 Tonnen schweren Turbinen sowie den Raum, wo das Wasser aus den Turbinen abgeführt wird. Dieses Wasser hat dort eine Temperatur von nur 1.5°. Der Damm selber, dessen Kern aus Sand und dessen Mantel aus dem Material einer 5 km entfernten Moräne besteht, ist über 2 km lang. Der Sandkern ist wassergesättigt und verleiht dem Damm Stabilität. Der Stausee hat eine Länge von 350 km. Die Fische verlassen den See durch die Turbinen! 10% bezahlen diese Schwindel erregende Karussellfahrt offenbar mit dem Leben. Die anderen sind nachher derart verwirrt oder betäubt, dass sie im Peace River eine leichte Beute der Raubvögel werden. Das Kraftwerk erbringt eine Spitzenleistung von 2.7 Mio KW und versorgt einen grossen Teil von BC mit Energie. Starkstromleitungen führen bis nach Vancouver.


BEGEGNUNG MIT ELCHEN
Wir fahren auf dem Alaska Highway. Aus grösserer Distanz meine ich einen dunkel gekleideten Mann mit Hund zu sehen. Nicht unmöglich, schliesslich haben wir auch einen Radfahrer überholt. Doch dann fällt mir die merkwürdig wankende Gangart dieser Wanderer auf. Schliesslich entpuppen sie sich als Elchkuh mit Jungem. Wir verlangsamen unsere Fahrt. Die Elche trotten dem Strassenrand entlang und verschwinden dann im Gebüsch. Am nächsten Tag meine ich im Fluss neben der Strasse einen Kanufahrer zu sehen. Es ist jedoch eine Elchkuh, die den Fluss durchschwimmt. Wir verlangsamen die Fahrt und halten kurz vor der Stelle an, wo die Elchkuh die Böschung heraufkommt. Tatsächlich: Fünf Meter vor uns kommt sie triefend herauf, glotzt uns verständnislos an und trottet dann in ihrer schlaksigen Gangart weiter. Schon in Caesars Bellum Gallicum steht geschrieben (aber nicht von Caesars Hand), dass Elche im wahrsten Sinn des Wortes ungelenke Tiere seien. Weil sie keine Knie hätten, könnten sie sich zum Schlafen nicht niederlegen, sondern lehnten sich an einen Baum. Um den Elch zu jagen, hätten die alten Germanen die ‚Schlafbäume’ leicht angesägt. Wenn sich dann ein Elch an den Baum gelehnt habe, sei er zusammen mit dem Baum umgefallen und konnte leicht gefangen werden.
Da fällt mir auch die amüsante Beschreibung von Bill Bryson (Streiflichter aus Amerika, Goldmann) ein:
“Der Elch ist die kurioseste, rührend hilfloseste Kreatur, die je in freier Wildbahn gelebt hat! Er ist zwar riesig – so gross wie ein Pferd -, aber wahnsinnig ungelenk. Ein Elch läuft, als wisse das linke Bein nicht, was das rechte tue. Selbst sein Geweih macht nichts her. Andere Viecher lassen sich Geweihe mit spitzen Enden wachsen, die im Profil prächtig aussehen und dem Feind Respekt abnötigen. Der Elch dagegen trabt mit einem Geweih durch die Gegend, das wie ein Handschuh-Topflappen aussieht. Vor allem aber zeichnet das Tier ein beinahe grenzenloser Mangel an Intelligenz aus. Wenn Sie einen Highway entlangfahren und ein Elch aus dem Wald tritt, blinzelt er Sie eine ganze Minute lang an und rennt dann urplötzlich vor Ihnen weg, aber die Fahrbahn entlang. Die Beine fliegen gleichzeitig in acht verschiedene Richtungen.“


AUF DEM ALCAN (= Kanadischer Teil des Alaska Highway)
Seit Fort St. John stossen wir auf den Alaska Highway, dem wir nun die nächsten 1400 km (bis Whitehorse) folgen. Bis Fort Nelson bildet er ein 60 m breites Band durch den unendlichen Wald. Je weiter wir fahren, desto abwechslungsreicher wird die Strecke. Wir überqueren reissende Flüsse, fahren tiefblauen Seen entlang, sehen noch mit Schnee bedeckte Berge - und dies über 1400 km!
Der Alaska Highway wurde 1942 innert einem halben Jahr erbaut, war aber vorerst nur mit Raupenfahrzeugen befahrbar. Die japanische Bedrohung gab den USA endlich den mehr oder weniger begründeten Vorwand zum Bau, dem sich Kanada nicht widersetzen konnte. Die Länge betrug 2288 km (von Dawson Creek bis Delta Junction). Das heutige neue Trassee ist rund 60 km kürzer, vom alten sehen wir immer wieder Spuren. Wir denken fast an die Spuren der 2000 Jahr alten Römerstrassen.
Die ersten zwei Tage fahren wir je 300 km. Man kann problemlos 100 km/Std fahren, da die breite Schneise eine Sicherheit gibt. Dann nehmen wir es gemütlich. Es hat wenig Verkehr und wir können an vielen Stellen halten. Wir haben noch 14 Tage Zeit für die restlichen 1600 km! Fast überholen uns noch die Velofahrer, von denen wir einige Unentwegte antreffen. Unweigerlich denken wir an den Film ‚Ein verrücktes Paar’ (mit Jack Lemmon und Walter Matthau).
Auf unseren kurzen Wanderungen sehen wir manche Blumen, unter vielen anderen den weissen und den gelben Frauenschuh.
Auch Tiere sehen wir: zuerst überfahrene, dann gottlob nur noch lebende: Hirsche, Elche, Cariboos, Schwarzbären, Bisons, Dallschafe und natürlich auch Mücken. Die Front des Autos ist übersät mit toten Insekten, leider auch mit ein paar grossen Schwalbenschwänzen.
Ein Loon, ein hervorragender Taucher, rast im Summit Lake wie ein Turbo mit kräftigen Flügelschlägen einem Fisch nach.
Das Wetter spielt verrückt: Bei Meile 47 (Fort St. John) ist es 32 Grad warm, nach 2 Tagen am Summit Pass (mit 1295 m höchster Punkt des Highways) 6 Grad kalt mit Regen und Graupelschauer. In Whitehorse wieder mehrere Tage über 30 Grad warm. Und die Sonne will einfach nicht untergehen. Es wird 23.15 Uhr.

AUSGESCHLOSSEN!!!
Am 28.6. geschieht, was wir immer befürchtet hatten, weil wir keinen Ersatzschlüssel haben: Wir haben uns selber ausgeschlossen. Bei einem Fotohalt steigen wir kurz aus, um Dallschafe zu fotografieren, und lassen den Zündschlüssel, an dem alle weiteren Schlüssel hängen, stecken und lassen nur eine Wagentür offen. Da schlägt der Wind die Tür zu - und wir bleiben draussen. Zu unserem Unglück war die Türverriegelung auf ‚lock’ gestellt, das heisst automatische Schliessung. Es ist kalt, ein bissiger Wind weht, wir beginnen zu frieren und haben nichts bei uns als den Fotoapparat und Esther’s Bauchtasche (die sie nur zum Schlafen ablegt!). Esther steht auf die Strasse und hält den nächsten Wagen an. Ein Ami hält sogleich an und bemüht sich mit einem Drahtbügel, der Scheibe entlang die Tür zu entriegeln - erfolglos. Er sei eben kein Autodieb gewesen, sondern FBI-Beamter. Es wird langsam ungemütlich. Ein weiterer Wagen hält und nimmt uns zur gottlob nur eine Meile entfernten Rocky Mountain Lodge mit, einer etwas heruntergekommenen Tankstelle, die nur noch von Motorradfahrern aufgesucht wird. Der Inhaber fährt mit uns zu unserem RV, schlägt ein kleines Fenster ein, welches in 1000 Stücke zersplittert und klebt eine Folie an (ohne allerdings den Schmutz unter dem Klebstreifen vorher zu entfernen). Wir müssen möglichst schnell ins 500 Meilen entfernte Whitehorse fahren, um die Scheibe zu reparieren.
Wir fahren los. Eine Stunde vor Watson Lake beginnt es zu regnen. Wir geraten in einen richtigen Wolkenbruch. Vorsichtshalber hatten wir kurz vorher, als wir das Unwetter nahen sahen, das Fenster zusätzlich mit Klebband isoliert. Doch der heftige Regen dringt durch, und Esther sitzt die letzte Fahrstunde auf ihrem Bett und ist damit beschäftigt, das hereindringende Wasser aufzuwischen.
In Watson Lake passe ich eine Styroporplatte von innen in den Fensterrahmen ein. Vor fast zwei Monaten hatte ich in Durango in einem Hobbymarkt Styropor erhalten, um für Esthers Bett einen Keil zu basteln. Die restliche Styroporplatte passt zufällig millimetergenau in den Fensterrahmen. Mit Klebband dichten wir ab. Nun sind wir für den grössten Tornado gewappnet.
Der nächste Tag ist jedoch sonnig. Wir kommen nach weiteren 500 km Fahrt in Whitehorse an, suchen - in allerletzter Minute - ein Verglasungsgeschäft auf und lassen als Zwischenlösung eine Plexiglasscheibe einsetzen. Wären wir 10 Minuten später eingetroffen, hätten wir bis Dienstag warten müssen. Am Samstag ist Canada Day, und da machen viele ein verlängertes Wochenende.
Esther verwaltet von jetzt an den Schlüssel des Himmelreiches, d.h. der RV-Türe.

Bald haben wir unser Pech vergessen. Weil wir innert zwei Tage 800 km fahren mussten, haben wir einige Tage Vorsprung auf unser Programm, und da das Wetter sommerlich warm ist, bleiben wir ein paar Tage im wunderschönen Whitehorse und Umgebung. Die Gegend gefällt uns sehr: der reissende Yukon, die duftenden Wildrosen auf dem langen Uferweg, die noch schneebedeckten Berggipfel, die wärmende Sonne, die erst um 23.15 Uhr untergeht und uns vom Zubettgehen abhält.
Wir fahren auf der Südstrecke des Klondyke Highway, bestaunen den türkisfarbenen Emerald Lake, wandern durch die kleinste Wüste, die Carcross Desert, besichtigen das Städtchen Carcross, Endpunkt der heutigen White Pass & Yukon Railway und des legendären Chilkoot Pass Trail, bewundern den Atlin Lake usw....
Nun aber will ich schliessen, sonst schluckt Herr Blog den langen Bericht nicht. Wir melden uns vielleicht in Dawson City oder dann sicher in Alaska wieder zurück.

1 Comments:

At 6:03 AM, Anonymous Anonymous said...

Hallo ihr beiden
Nun hats doch geklappt und ich kann euch hier auf dem Blog antworten. Der grüne, senkrechte Streifen ist auch plötzlich verschwunden. Nun ist alles wieder gut.
Weiterhin schöne Reise.
Herzlich
Lisa Stamm

 

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