ursundestherunterwegs

Thursday, August 03, 2006

Von Anchorage nach Valdez



Warum haben Elche kein Kopfweh, obwohl sie (die Elchstiere) ein so schweres Geweih tragen müssen/dürfen? Sie machen es wie wir: sie essen ‚Aspirin’, d.h. den in der Rinde der Weide enthaltenen Wirkstoff!

Alaska heisst in der Sprache der Aleuten Alyeska, d.h. weites Land. Das haben wir in den vergangenen dreieinhalb Wochen erleben dürfen, obwohl wir nur einen ganz kleinen Teil dieses Staates gesehen haben.

KENAI ISLAND
Von Anchorage fahren wir - zusammen mit Brigitte - am Sonntag, 23.7. bei Sonnenschein dem Turnagain Arm entlang Richtung Whittier, übernachten jedoch vor dem Tunnel auf dem Campground Williwaw. Dort erwartet uns ein wolkenbruchartiger Regenguss, der bis zu unserer Abfahrt am nächsten Vormittag anhält. Der heftige Regen hat unseren Camper gewaschen (am nächsten Abend ist er nach einer Fahrt über eine 2 km lange Baustelle wieder mit einer Schmutzschicht bedeckt). Bei unserer Kaffeepause auf dem Parkplatz des Visitor Centers am Portage Lake halten wir uns im Camper unwillkürlich am Tisch fest, als eine Sturmböe unseren Camper beinahe umwirft! Es stürmt so heftig, dass wir kaum vom Parkplatz zum Center gehen können, ohne umgeblasen zu werden. Erst später erfahren wir, dass ‚Williwaw’ in der Sprache der Aleuten ‚heftiger Wind’ bedeutet.
In Seward erleben wir zwei weitere Regentage, die wir mit einem Besuch im Alaska Sealife Center, das von Exxon für über 50 Mio $ erbaut wurde. In grossen Aquarien tummeln sich Papageientaucher, Fische aller Art und sogar Seehunde, für die das Bassin allerdings etwas klein ist. Auf einer kleinen Wanderung zum Exit Glacier beobachten wir lange Zeit eine Elchkuh, die zehn Meter vor uns wiederkäuend am Boden liegt.
Bei besserem Wetter fahren wir wieder nordwärts. Das Türkisblau des Kenai Lake lässt uns ein paar Mal zu Fotohalten hinreissen, vor allem da noch ein blauer Eisenbahnzug dem Ufer entlang fährt. Am Tern Lake beobachten wir während der Kaffeepause Seeschwalben. Die Fahrt am Kenai Lake vorbei, durch die Berge, über Pässe (die nicht einmal 200 m hoch sind!) und schliesslich westwärts dem Kenai River entlang bei Sonnenschein und Wärme tut wohl.
Auf der Fahrt nach Homer schalten wir verschiedene Fotohalte ein: am Kenai River, um die fanatischen Sportfischer, die wie Fischreiher am Flussufer stehen, zu fotografieren. Ihr Sport besteht darin, Lachse zu fangen und sie dann wieder in den Fluss zu werfen; nach unserer Meinung eine Art Tierquälerei; in Soldotna am reissenden Kenai River; bei Clam Gulch, wo wir die imposanten Vulkane der Alaska Range jenseits des Cook Inlet (Meeresarm) sehen (Redoubt Volcan 10'197 ft., Iliamna Volcan, 10'016 ft, im Meer die Augustine Island, 4025 ft, von dessen Spitze eine lange Rauchwolke nordwärts zieht). Vom 400 m hohen Höhenzug geniessen wir eine herrliche Aussicht auf Homer Spit (Spit = Landzunge), die Bucht und die gegenüberliegenden vergletscherten Berge.

In Homer Spit wählen wir als Campground zur Abwechslung die Luxusvariante: den Heritage Spit Campground, ein wunderschöner Platz, wo wir am Morgen die Bald Eagles am Strand beobachten können.
Wir spazieren dem Strand entlang und essen im ‚Spit Fire’, das uns von der Dame im Visitor Center empfohlen wurde, feinen Lachs mit Salat. Am Hole, einem künstlich angelegten grossen Wasserbecken, stehen an die Hundert Sportfischer!


Auf der Rückfahrt besichtigen wir Ninilchick, ein altes Dorf aus russischer Zeit mit einer gepflegten russisch-orthodoxen Kirche auf einem Hügel. Der Blick auf die gegenüberliegenden Vulkane ist atemberaubend. Das Dorf ist bekannt wegen der Muscheln. Wir beobachten die Leute, die bei Ebbe mit kleinen Schaufeln Rohren nach diesen Kostbarkeiten suchen. Natürlich kosten wir auch hier diese Spezialität, und sie mundet uns allen herrlich!
Bevor wir wieder auf dem Platz Williwaw eintreffen, statten wir auch der alten Goldgräbersiedlung Hope einen Besuch ab, finden aber fast keinen Parkplatz. Statt Gold geschürft werden heute Lachse gefangen: Hunderte von Lachsfischern haben wie Stechmücken dieses Dorf heimgesucht!
Am Sonntag, 30.7. fahren wir durch den 4 km langen Eisenbahntunnel nach Whittier - ein eigenartiges Gefühl, mit einem Auto auf Schienen zu fahren. Gottlob kommt uns kein Zug entgegen! Am Nachmittag lassen wir uns mit der Fähre in sechs Stunden durch den Prince William Sound nach Valdez führen, in der Meinung, es sei für Brigitte ein glänzender Abschluss ihrer Reise. Doch kaum hat das Schiff in Whittier abgelegt, verschwinden die vergletscherten Gipfel hinter Wolken, der Regen setzt ein. Wir sehen zwar ein paar Seelöwen und Seehunde, zwei spielende Fischotter sowie Eisberge, die vom 30 km entfernten Columbia Glacier heranschwimmen. Gegen neun Uhr abends erreichen wir Valdez, das wir im dichten Nebel kaum ausmachen können. Die Sonne bricht erst am Montagnachmittag wieder hervor, als wir auf der anderen Seite der Bucht Lachse beobachten.

Das Meer kocht geradezu von den Abertausenden Lachsen, die zu einer Hatchery (Lachszucht) beim Solomon Gulch strömen. Die Lachse versuchen, auf einer Fischtreppe aufwärts zu schwimmen, was wegen der starken Strömung recht schwierig ist. Gelingt es ihnen hinauf zu schwimmen, sind sie entkräftet und bereit zum Laichen, was in der Fabrik für sie freundlicherweise erledigt wird! Die im folgenden Frühling im Meer ausgesetzten jungen Lachse werden nach zwei oder drei Jahren wieder hierher, an ihren Geburtsort, kommen und dasselbe Schicksal erfahren. Draussen im Meer beobachten wir Seehunde, die Lachse fangen und sie geradezu spielerisch in die Luft werfen. Möven fliegen kreischend heran und versuchen, den erbeuteten Lachs aufzupicken.
Am nächsten Tag fliegt Brigitte wieder zurück in die Schweiz, und wir erreichen tags darauf auf dem Richardson Highway den Alaska Highway bei Delta Junction (200 km nördlich von Glennallen). Weil der Tok Highway seit dem Erdbeben von 2002 eine katastrophale Baustelle ist, haben wir den 180 km langen Umweg gewählt. Nun werden wir gleich abfahren in Richtung Beaver - Grenzübertritt nach Kanada - Haines Junction - Haines (wieder Alaska), wo wir am Dienstag eintreffen werden (s. Karte auf dem Blog vom 11.7.).


SPORTSMEN
Wir glauben jetzt endlich zu wissen, was ein richtiger ‚Sportsman’ ist. Der ‚Sportsman’ liebt die einsame Wildnis, Berge, Flüsse, Seen, wilden Tiere wie wir, doch das Motiv dieser Liebe ist verschieden. Er ist nicht zu verwechseln mit einem Sportsmann, denn von ihm unterscheidet er sich schon in seinem Aussehen: ist ein Sportsmann schlank, zeichnet sich der ‚Sportsman’ durch eine gewisse Leibesfülle aus. Er liebt nicht nur saftige Steaks, sondern kräftige, laute Motoren. Mit seinem grossen Pickup macht er abends eine kleine Rundfahrt. Wenn er geht, hinkt er leicht, weil sein rechter Fuss vom vielen Gas Geben kräftiger gewachsen ist.

Zur Ausübung seiner sportlichen Tüchtigkeit stehen ihm folgende Möglichkeiten offen:
1. Er fährt ein ATV (= All Terrain Vehicle), d.h. ein Spielzeug für Kinder gebliebene Männer, in Sanddünen, neben dem Highway auf separater Spur, Dutzende von Kilometern geradeaus, oder auf eigenem Trail quer durch den Wald. Zur Abwechslung setzt er sich gerne auf ein Wassermotorrad und saust mit aufheulendem Turbo durch einsame Waldseen. Ein herrliches Gefühl! Wenn im Winter Seen und Flüsse gefroren sind, steht ihm ein Motorschlitten zur Verfügung (snowmobile). Bereits im nördlichen Kalifornien sahen wir spezielle Wege, die ausschliesslich für diesen Wintersport gebahnt und reserviert sind.
2. Er geht auf die Jagd, meist mit Benutzung eines ATV, denn schliesslich wäre es unsportlich, Flinte und Munition selber zu tragen, und die Beute muss auch irgendwie den Weg zu seiner Hütte finden. Ein echter Alaskaner erachtet es als seine Pflicht, den Wildbestand zu regulieren. Deshalb jagt er jedes Jahr einen Elch, einen Grizzly, drei Schwarzbären, Hirsche, Wölfe, Füchse und weiteres Kleingetier, das natürlich in Fallen gefangen wird. Er sammelt und verkauft Felle, wie andere Leute ihre Briefmarken.
3. Er geht fischen. Auf einer Wanderung zu einem sogenannten Lachswasserfall am Russian River sehen wir Leute mit Stiefeln, wasserfester Kleidung und Angelrute, die uns entgegen kommen: keiner hat offenbar etwas gefangen, denn niemand trägt einen Behälter. Des Rätsels Lösung finden wir tags darauf: an den Ufern des Kenai River stehen die Leute im Wasser wie Frösche um einen Teich. Der Sport vieler Fischer besteht nun darin, den Fisch zu fangen, die Angel sorgfältig aus dem Munde zu lösen, wenn es nicht geht, sie drin lassen und die Schnur abzuschneiden, dann den Fisch wieder seinem Element zuzuführen. Deshalb wird empfohlen, keine rostfreien Angeln zu verwenden, damit diese sich allenfalls im Magen des gefangenen und wieder frei gelassenen Fisches zersetzen kann. Wir finden, diese Fischer sollten zuerst einen Test durchstehen: Man soll ihnen die Wange mit einem Haken durchbohren, ein paar Mal ruckartig daran ziehen und dann sorgfältig entfernen, und wenn man diese Prozedur ein paar Mal mit ihnen durchgeführt hat, ihnen das Fischerpatent ausstellen. Eine kleinere Anzahl Fischer behalten die Fische, weiden sie recht grosszügig aus (die weggeworfenen Reste wären für uns noch ein Leckerbissen!) und nehmen sie nach Hause. Es hat so viele Lachse, dass man sie gar nicht alle essen kann!
Trotz allem: Wir freuen uns über die Wildnis und sind jedes Mal begeistert, wenn wir ein wildes Tier beobachten können - sei es auch ‚nur’ ein Eichhörnchen - und wünschen ihm viel Glück, ein langes Leben und einen natürlichen Tod.

Doch es gibt auch harte, echt sportliche Alaskaner: Wir sehen sie in Shorts und T-shirts umhergehen, wenn wir schon in langen Unterhosen, Pullover und Windjacke frieren. Minus 15° Celsius, wenn wir uns im Engadin kaum aus dem Haus getrauen, wird hier als zu warm bezeichnet!
Jedes Jahr im März wird ein Wettkampf über 800 km veranstaltet, zu Fuss, per Velo (Breitpneus) oder Skis ausgetragen wird. Und natürlich begegnen wir immer wieder den Spuren des berühmten Iditarod Schlittenhunderennen, das in aller Welt bekannt ist. Der historische Start ist am 21. März in Seward. Heute wird offiziell in Anchorage, wegen Schneemangels an der Küste effektiv in Wassila gestartet. Ziel ist das an der Westküste Alaskas gelegene Nome.

1 Comments:

At 11:14 PM, Blogger e+u.unterwegs said...

Nein, wir haben überhaupt keine Lachse gefangen, da wir die Bären nicht konkurrenzieren wollten. Tut uns leid, dass wir unsere Freunde enttäuschen müssen!!!
Cheers Urs und Esther

 

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