ursundestherunterwegs

Tuesday, September 19, 2006

VON OREGON NACH KALIFORNIEN


Als wir am 22. Mai am Südeingang des Lassen Volcanic NP vor geschlossenen Barrieren standen, mussten wir unsere Reiseroute wesentlich ändern. Die bis auf eine Höhe von 2600m führende Strassenverbindung nach Norden blieb wegen der grossen Schneemenge bis in den Juli geschlossen. Wir entschieden uns damals, der Pazifikküste entlang nach Kanada zu fahren und erst auf der Heimkehr von Alaska die beiden Nationalparks Crater Lake und Lassen Volcanic zu besuchen. Dieser Entschluss war gut! Wir konnten diese beiden Reisehöhepunkte bei fabelhaftem Wetter geniessen. Seit fünf Wochen haben wir Sommerwetter. Petrus hört nicht auf, uns zu verwöhnen.





CRATER LAKE NP
Seit Tagen befinden wir uns mitten in einem Vulkangebiet, das grösser als die Schweiz ist. Der Mount Mazama - auf der Karte wird man ihn vergeblich suchen, denn es gibt ihn nicht mehr! - hatte sich während einer halben Million Jahre aufgebaut. Vor etwa 7700 Jahren war der Schlund nach lang dauernder eruptiver Tätigkeit eingebrochen. Zuvor hatte er die 150fache Masse (150 km3) des Ausbruchmaterials des Mount Saint Helens herausgeschleudert (s. blog vom 7.6.). Der eingebrochene Krater - Durchmesser 10 km - füllte sich mit Schmelz- und Regenwasser und bildet nun einen See, der mit einer Tiefe von 593 m der tiefste See der USA ist. Der Seespiegel befindet sich auf 1882 müM und ist jährlichen Schwankungen von 90 cm unterworfen. Der Crater Lake erinnert uns sehr an Santorin.
Rings um diesen Krater führt auf 2100 - 2400 m Höhe eine Strasse (Rim Drive). Normalerweise ist der Rim Drive ab Mitte September wegen Schneefalls geschlossen. Das können wir uns heute kaum vorstellen. Bei Sommerwetter wandern wir in Teva-Sandalen, Shorts und ärmellosen T-shirts auf den höchsten Gipfel, den Mt. Scott (2721 m), von wo wir eine - leider durch Rauch etwas beeinträchtigte - Rundsicht geniessen.

Beeindruckend und zugleich bedrückend ist der Waldbrand auf der Südostflanke des Berges, der durch Blitzschlag im Juli ausgelöst wurde und seither nicht gelöscht werden konnte. Mehrere Dutzend Feuerwehrleute (Männer wie Frauen) und eine Unmenge Fahrzeuge stehen für den Notfall bereit. Es scheint fast so, dass das Feuer unter Kontrolle gehalten wird und man auf den Regen und Schnee hofft, der das Feuer zum Erlöschen bzw. Ersticken bringt. Leider ist die Sicht auf den See wegen der Rauchschwaden zeitweilig getrübt. Auf der Ostseite (Mt. Scott), die vom Rauch verschont bleibt, lässt sich das tiefe Blau des Sees bestaunen.
Der Wald im südlichen Oregon ist f...trocken. Ein feuriger Blick könnte einen Waldbrand entfesseln. Auf dem Campground haben zwei Frauen mit kleinen Kindern ein Feuer entfacht, das einem 1.August-Feuer alle Ehre macht. Sie werfen kreischend trockenes Material in die Flammen. Die Funken schlagen hoch in die Bäume. Wir haben den Zündschlüssel stecken lassen, um im Brandfall sofort abzufahren. Ein Wunder, dass der Rauchmelder im RV noch nicht Alarm gegeben hat.


LAVA BEDS
Am nächsten Tag überqueren wir die Grenze nach Kalifornien. In Tulelake entscheiden wir uns für den Besuch des Visitor Centers des Tule Lake NWR. Dann geht es weiter südwärts auf der #42. Vom Wildlife Overlook aus beobachten wir zahlreiche Wasservögel, v.a. Pelikane, Silberreiher und vermutlich einige Red-tailed Hawks. Auf der Fahrt sehen wir Mule Deers (eine Hirschart mit grossen ‘Eselsohren’), zweimal eine Mutter mit zwei Jungen, einmal ein Böcklein mit Dame. Sie trinken Wasser aus dem Kanal. Seit geraumer Zeit - mit Ausnahme einer Hirschkuh am Lava Lake - haben wir keine Hirsche mehr gesehen!
Wir kommen anschliessend ins Lava Beds NM, ein grosses Lavafeld südlich des Tule Lake. Während 100'000 Jahren haben sich hier aus immer wieder neuen Kratern Lavaströme in nördlicher Richtung ergossen. Da diese Ströme am Rand abkühlten, bildeten sie Röhren, in deren Innern die heisse Lava weiter floss. Kam der Strom zum Erliegen, ergaben sich lange Lavatunnels, von denen heute einige begehbar sind. Manche sind bis 10 Meter hoch und ebenso breit, einige doppelstöckig, andere überlagern sich. Über 100 km2 wurden zum National Monument erklärt. Zugleich wird der Modoc Indianer gedacht. Dieser grosse Stamm besiedelte einst ein ausgedehntes Gebiet um den Tule Lake. In den weiten Wäldern des Hinterlandes gab es für sie reichlich Jagdwild. Die weissen Siedler rodeten, drainierten die sumpfige Ebene, um Anbaugebiet zu gewinnen und drängten - mit Staatshilfe - die Modocs in den unwirtlichen Norden. Ein Teil dieser Indianer kehrte jedoch zurück und zog sich in die labyrinthartigen Lava Beds zurück. Das Militär zog mit 600 Mann, Kanonen und Mörsern gegen die 160 Modoc-Krieger heran. Fünf Monate während des harten Winters 1872/73 vermochten die Indianer ihre Lavafestung zu halten. Nur 4 Indianer verloren im Krieg ihr Leben. Weitere 15 wurden nach dem Friedensschluss gehängt - ein trauriges Kapitel in der Geschichte der USA. Mit Genugtuung nehmen wir zur Kenntnis, dass dieses Thema sehr ausgiebig und selbstkritisch aufgearbeitet wird.
Bei brennender Sonne gehen wir den 0.5 Meilen kurzen Trail bei Captain Jack’s Stronghold, dem Lava-Refugium der Indianer während des Krieges. Eine illustrierte Broschüre informiert uns über die Geschichte dieser Indianer, die wie bei jedem Stamm tragisch endete.

Auf der Weiterfahrt fahre ich über eine Schlange, vermutlich eine Klapperschlange. Erst im Rückspiegel sehe ich, dass sich die Linie, die ich für eine Asphaltkorrektur hielt, bewegt. Sie verschwindet aber gleich in der Strassenböschung. Ich bin froh, dass ich sie nicht überfahren, sondern ohne riskantes Manöver zwischen die Hinterachse ‘genommen’ habe.
In der Nacht hat es kurz geregnet. Am Morgen ist der Boden nass, trocknet aber sehr schnell. Die Sicht ist heute sehr klar. Wir sehen im Norden den Crater Lake. Es weht ein kühler Wind und das Thermometer steigt nicht über 20 Grad. Trotzdem brennt die Sonne, sobald es windstill ist.

Am Vormittag des nächsten Tages leihen wir uns im Visitor Center zwei mächtige Taschenlampen und kaufen die Broschüre ‘Lava Bed Caves’ mit der Beschreibung sämtlicher Lavahöhlen. Den ganzen Tag bis Sonnenuntergang begehen wir eine Höhle nach der anderen. Schön ist die Flora. Es gibt eine Art Holunderstrauch, der blassblaue Beeren, einen anderen Strauch der kleine, kirschenähnliche Früchte trägt, gelben Rabbitbrush und vieles mehr.
Bei der ‚Symbol Bridge’ sehen wir einige schöne Piktogramme, Symbolfelszeichnungen der Modoc, deren Bedeutung und Alter unbekannt sind. Der benachbarte ‚Skull Cave’ (man hat hier eine Unmenge von Tier-‚skulls’, Schädeln, gefunden), ein Teil eines 10 Meilen langen Systems, ist eine tiefe Höhle. Verschiedene Treppen führen in die Tiefe hinunter, wo das ganze Jahr Eis liegt. Das Geländer und der Boden sind von Eis bedeckt! Es ist entsprechend kalt; oben aber 30 Grad warm!
Die Abendstimmung ist wunderbar. Es hat fast keine Leute. Auch auf dem Campground ist es ruhig. Am nächsten Tag aber wird es kalt. Ein trockener, eisiger Wind bläst von Norden. Der Himmel bedeckt sich. Haben wir uns gestern noch vor der Sonne und der Hitze schützen müssen, schlottern wir heute bei 15 Grad und bissigem Wind! In der Nacht fiel das Thermometer auf den Gefrierpunkt.

LASSEN VOLCANIC NP
Der Tag beginnt wolkenlos, ein kühler Wind bläst, die Sonne brennt. Ein Tag, wie geschaffen, um einen Dreitausender zu besteigen. Die Besteigung des nur 27'000 jungen Vulkans, der letztmals 1915 ausgebrochen ist, ist recht einfach: 600 Höhenmeter vom Parkplatz, der auf 2600 m liegt. Gemäss Broschüre ‚Park News’ hat man mit 4-5 Stunden für Auf- und Abstieg zu rechnen. Wir alte Berghasen schaffen es in zweieinhalb Stunden. Je höher wir steigen, desto wärmer wird es. Die Nachmittagssonne brennt. Auf dem Kraterrand liegt noch recht viel Schnee. Die Rundsicht ist umwerfend: im Norden in 75 Meilen Entfernung der über 4200 m hohe Mt. Shasta, der höchste Vulkangipfel Kaliforniens, im Westen die Coast Range und im Süden die Ausläufer der Sierra Nevada. Und ringsum Wälder so weit das Auge reicht!
Am Abend suchen wir einen Campground in der Nähe, weil wir am nächsten Tag nochmals in den NP gehen wollen. Wir suchen einen Platz im Wald, nicht an einem See, weil dort übers Wochenende die Angler alle Plätze belegen. Wer sucht schon einen Platz im Wald? Natürlich die Jäger, die schon eine Woche lang hier ihre Jagderfolge mit Feuerwasser begiessen, bevor sie ein Wild gejagt haben. Immerhin: wir finden noch den allerletzten Platz. Und da es bald kühl wird, wird es ruhig. Alkohol schützt offenbar vor Kälte nicht.










RENO, VIRGINIA CITY, CARSON CITY
Obwohl wir nicht im Sinne haben, uns scheiden zu lassen, fahren wir nach Reno im Staat Nevada. Shopping ist angesagt! Die Fahrt aus dem waldreichen Gebirge in die karge, verdorrte Hochebene ist enttäuschend. Selbstverständlich nehmen wir zur Kenntnis, dass im trockenen und heissen Klima östlich der Cascade Range und der Sierra Nevada nicht der Artenreichtum und die Dichte der Wälder zu erwarten sind wie im Gebirge. Anderseits wissen wir nun, dass im Ausbeutungsgebiet der Bodenschätze der Wald seit Mitte 19. Jh. massiv gerodet wurde, ohne an Wiederaufforstung zu denken. Das wird leider meist verschwiegen. Die Luft ist zwar klar, die Sicht weit. Reno und Carson City jedoch liegen in einer Senke, über die sich eine Smogglocke ausbreitet. Das erstaunt nicht, wenn man die achtspurigen Autobahnen sieht, die sich quer über diese beiden Städte erstrecken.
Virginia City liegt auf fast 2000 m Höhe. Ringsum sind die Berge derart abgetragen, dass man meinen könnte, Maulwürfe hätten hier gewühlt.
Gerne fahren wir weiter Richtung Südwesten durch die Sierra Nevada. Diese wird- nur im Norden - von sechs Strassen durchquert: Von der Autobahn I-80, vom über 3000m hohen Tiogapass (den wir 2002 befahren haben), zwei weiteren Schnellstrassen und in der Mitte von der #88 und der #4. Am 20.5. waren wir die #88 in Richtung Lake Tahoe gefahren, für die Rückfahrt haben wir uns für die reizvolle #4 über den 2700m hohen Ebbett-Pass entschieden, die auf dem Plänchen nicht eingezeichnet ist. Nach etwa 20 Meilen Fahrt halten wir vor einer Tafel, welche die Durchfahrt für Fahrzeuge über 25 Fuss nicht empfiehlt. Die Strasse sei „steep and narrow“. Obwohl unser RV 26 Fuss lang ist, wagen wir die Fahrt - und es lohnt sich. Die Strecke ist landschaftlich reizvoll, die entgegenkommenden Autos können wir an einer Hand abzählen. Doch die Strasse ist tatsächlich kurvenreich, eng und steil. Sie gleicht eher einem asphaltierten Strässchen in unseren Alpen. Wir brauchen mehr Zeit für die Fahrt. Doch kurz bevor es dunkel wird, erreichen wir im Wald einen Campground.

Am nächsten Tag sind wir in Sonora und haben in der library wieder Internetanschluss. Dies ist vemutlich die letzte Nachricht, die wir aus Amerika versenden. Am Freitag sind wir in San Luis Obispo, werden den RV auf Hochglanz polieren. Am Montag, 25.9. fliegen wir zurück.

1 Comments:

At 8:03 AM, Blogger nachtwache said...

Nachdem Ihr B.C. verlassen hattet, fing die Regensaeson an, ich wollte schreiben, "Kommt zurueck, die Sonne ging mit Euch", diese Woche hatten wir endlich wieder sonniges Wetter, der Herbst ist aber hier. Wir wuenschen Euch eine gute Rueckreise in die Schweiz! Bis naechstes mal! Ciao.

 

Post a Comment

<< Home