ursundestherunterwegs

Friday, October 17, 2014

Von New York über die Niagara Fälle ins Steinkohlegebiet

Die weite Fahrt auf der # 20A ist erholsam: wenig Verkehr, landschaftlich reizvoll. Fast immer in den bunten Wäldern, deren Farbe im klaren Sonnenlicht so richtig zur Geltung kommen, kleineren und grösseren Flüssen entlang.  
In Buffalo fahren wir zum Erie Point. Dort soll die Gedenktafel für John Maynard stehen. Sie ist aber offensichtlich ersetzt worden durch eine Tafel zum Gedenken an die Indianer. Ich lese Esther die Ballade ‚John Maynard’ (1885) von Theodor Fontane vor. Auswendig kenne ich sie (nach 55 Jahren!) nicht mehr. Die Ballade erinnert an das Schiffsunglück, bei dem der heldenhafte Steuermann John Maynard den Tod fand, nachdem er alle Passagiere vom brennenden Schiff heil in den Hafen von Buffalo rettete. So etwa wie Francesco Schettino auf der Costa Concordia!??

Wir überqueren die Grenze nach Kanada. Dem kanadischen Zollbeamte macht sein Job offenbar Spass. Trotz der langen Autoschlange nimmt er sich ausgiebig Zeit, mit uns zu plaudern. In Niagara Falls CA haben wir für drei Nächte reserviert. Wir fahren aber nach zwei Nächten wieder weiter. Die Wasserfälle sind zwar imposant, werden aber furchtbar vermarktet, ein richtiger Rummelplatz. Der Uferpromenade entlang lauter Schlitzaugen, die unentwegt Selfies schiessen. Da haben uns die Iguazu-Fälle doch noch besser gefallen. Für uns informativ die Gedenktafel für den Serben Nikola Tesla, der das weltweit erste hydrologische Kraftwerk entwickelte, das hier realisiert wurde.

Hochzeit in Hamilton
Der eigentiche Grund dieses Abstechers ist aber der schon lange geplante Besuch bei der Tochter einer Cousine Esthers in Hamilton. Als wir ihr schon im Frühjahr den Termin 11.10. (arbeitsfreier Samstag) vorschlugen, beschloss sie bald einmal, gleich an diesem Tag zu heiraten, damit doch einige Gäste aus der Schweiz – ausser uns noch die Tante der Braut - anwesend sind. Den Zukünftigen hatte sie allerdings bereits ausgewählt! Da die Familie des Bräutigams sehr gross ist, war die Anzahl der Gäste entsprechend: 280 in der Kirche, 180 beim Essen am Abend. Für die 80 km lange Heimfahrt in der Dunkelheit benutzen wir doch noch das Navigationsgerät, das sich recht hilfreich zeigt. Wir hatten das Gerät gar nicht bestellt; es ist einfach im uns zur Verfügung gestellten teureren Mietwagen vorhanden.

Am Montag fahren wir dann bei strahlendem Wetter (es wird bald wieder schlechter!!) auf der US-Seite auf dem Parkway dem Niagara entlang, steigen immer wieder aus, um dem hoch über dem Fluss verlaufenden Uferwegen entlang zu spazieren und zu fotografieren. Dann geht’s ostwärts dem Ufer des Ontariosees bis Rochester.
Leider ist das Ufer nicht oft zu sehen. Viele Häuser haben Seeanstoss. Dafür fahren wir durch eine landwirtschaftlich intensiv genutzte Gegend: Apfelplantagen (die Äpfel werden erst jetzt gepflückt!), immense Kabisfelder, Kürbisfelder, abgeernete Maisfelder.
Wir meinen, durch halb Europa zu fahren: An unserer Route sehen wir Ortsschilder wie Dresden, Odessa, Moskau, Waterloo, Neapel, Syrakus, Ithaka, Luzern, Interlaken oder Namen wie Romulus, Seneca und Ovid. In Genf (Geneva) übernachten wir am Dienstag, besuchen aber vorher in Seneca Falls den Women’s Right National Historical Park. Das Museum ist leider geschlossen, dem republikanischen Sparwillen zum Opfer gefallen. Wir lesen aber die vielen Schautafeln und sehen das Haus der Elizabeth Cady Stanton. Diese Dame kam 1847 nach Seneca Falls und setzte sich zusammen mit vier anderen Frauen für die Gleichberechtigung der Frauen ein. In einer legendär gewordenen Versammlung vom 20. und 21.7.1848 erreichte diese, dass eine für die gesamten USA geltende ‚Declaration of Sentiments’ verabschiedet wurde, unterzeichnet von 32 Männern und 68 Frauen. Das Stimmrecht wurde ihnen allerdings erst 1920 zugestanden. Damit hatten die Frauen in den USA die Rechte erlangt, auf die die Frauen der fortschrittlichen Schweiz noch ein halbes Jahrhundert warten mussten.

Finger Lakes
Die Finger Lakes sind elf schmale, aber langgezogene Seen. Vor 2 Mio Jahren waren sie flache Flusstäler. Dann überzogen mehrmals von Norden her stossende Gletscher das ganze Gebiet. Als vor 12'000 Jahren die letzten Gletscher schmolzen, füllten sich die Täler zwischen den Sedimenten im Süden mit dem von Norden abfliessenden Schmelzwasser. Als nach dem vollständigen Abschmelzen der Gletscher der Seespiegel sank, erodierten die seitlich in den See mündenden Flüsse und bildeten eindrückliche Canyons (vgl. etwa Fextal im Engadin). Wir fahren dem längsten, dem bis 5 km breiten und 65 km langen Cayuga Lake entlang. Er ist nur 150 m tief! Zunehmend werden in diesem milderen Klima auch Reben angepflanzt. Unzählige Winerys (Weinkellnereien) werben für ihre Produkte. Landschaftlich reizvoll sind die verschiedenen Wasserfälle, u.a. die Taughannock Falls. Spazierwege führen an beiden Ufern des Flusses bis zum Wasserfall, der mit 215 Fuss (60 m) fast 10 m höher ist als die Niagarafälle.
Am südlichen Seeende liegt die Stadt Ithaca, deren Lage an Zürich erinnert. Umgeben von hügeligen Wäldern, in der Stadt selber mehrere Schluchten mit Wasserfällen. Sie ist uns auf Anhieb sympathisch. In kurzer Distanz zum Zentrum, höchstens 10 km im Umkreis mehrere weitere Wasserfälle. Die Schlucht mit den Lucifer Falls durchwandern wir. Zu beiden Seiten führen gut ausgebaute Spazierwege durch den Canyon dem Fluss entlang und durch bunte Wälder zu mehreren Wasserfällen.

Anthrazit
Gemütlich fahren wir auf Nebenstrassen südwärts, wie immer durch farbige Wälder, die auch beim leichten Nieselregen einen phantastischen Anblick bieten. Nach dem Mittagessen beim Grossverteiler Wegmans – wie üblich ein ausgezeichnetes Buffet – beginnt es wolkenbruchartig zu regnen. Deshalb besuchen wir in Scranton in der Lackawanna County die ehemalige Kohlenmine und schliessen uns der Coal Mine Tour an. In einem holperigen Wagen geht es in die Tiefe und dann zu Fuss durch die Gänge des ehemaligen Anthrazitbergwerkes.
Um 1840 kamen die Brüder Scranton in diese Gegend und gründeten die ‚Scranton Iron Furnaces’ (Stahlverarbeitung). Die Stadt wuchs rasch und erhielt den heutigen Namen. 1855 baute die DL&W Railroad ihre Lokomotivwerkstatt. Ein halbes Jahrhundert lang hatte der Staat in der Folge das Monopol auf zwei der wertvollsten Produkte: Öl und Steinkohle. Stahl- und Chemieindustrie prägten das Bild der Städte. In den Kohlebergwerken waren die Arbeitsbedingungen sehr hart. Waliser, Iren, Italiener, Polen, Ungarn, die vor allem zwischen 1890 und 1900 einwanderten, schufteten hier für einen Hungerlohn ohne jeglichen physischen, geschweige denn sozialen Schutz, während sehr wenige Amerikaner sehr reich wurden. Siebenjährige Kinder arbeiteten 10 Stunden im Tag, die Erwachsenen sogar bis 12 Stunden, oft halb liegend oder sitzend in den manchmal nur 50 cm mächtigen Kohleflözen. Es wurde im Akkord gearbeitet, was zu zahlreichen Unfällen führte: In den Jahren 1870-1914 zählte man 50'000 Todesfälle. Lungenkrankheit, Taubheit (wegen des Lärms der Schütteltransporte und den zahlreichen Dynamitsprengungen) waren an der Tagesordnung.

Delaware Water Cap
Der Delaware ist Pennsylvanias grosser Fluss. Er zieht an Philadelphia vorbei und mündet in einem breiten Meeresarm in den Atlantik. Wegen seines grossen Einzugsgebiets kam es im Unterlauf immer wieder zu Überschwemmungen. Nach der grossen Katastrophe von 1955 beschloss man den Bau eines Staudamms in der Nähe von Stroudsburg. Nach heftigem Widerstand der Bevölkerung wurde das Projekt aufgegeben. Das Gebiet zu beiden Seiten des Flusses, der die Grenze zwischen Pennsylvania und New Jersey bildet, ist auf der Länge von 60 km Nationalpark. Östlich von Stroudsburg zwängt er sich durch eine Bergkette, eine Klus, wie wir sie im Jura auch kennen, aber weiter und breiter, mit Strasse rechts, Autobahn und Bahnlinie links.
Wir wandern dem Fluss entlang. Esther kämpft gegen die Black Flies (Schwarzfliegen), ohne grossen Erfolg. Am Rande grosse Maisfelder. Bären haben sich darin verköstigt, wie wir an den Spuren deutlich feststellen können.

Nun fahren wir weiter östlich, um eine Bekannte der Familie Wachtel zu besuchen.

Unsere Route 9.-16.10.

Unser Mietwagen
Die Niagarafälle auf der US-Seite

 Die Niagarafälle auf der kanadischen Seite
 (ohne Kommentar)
 Der Erfinder der hydrologischen Kraftwerke
Wildwasser (der Niagara)
 Seilbahn über dem Whirlpool
 Hochzeit in Hamilton
 Am Ontariosee
 Farbenpracht unterwe
 Halloween drei Wochen lang!

 Am Cayuga Lake: die Taughannock Falls

 Die Lucifer Falls bei Ithaca



 Kohleflöz im stillgelegten Bergwerk von Scranton
 Verwüstetes Maisfeld im Delaware Gap National Park
 Des Übeltäters Hinterlassenschaft. Ein schlechter Futterverwerter!




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