Von New York über die Niagara Fälle ins Steinkohlegebiet
Die weite Fahrt auf der # 20A ist erholsam:
wenig Verkehr, landschaftlich reizvoll. Fast immer in den bunten Wäldern, deren
Farbe im klaren Sonnenlicht so richtig zur Geltung kommen, kleineren und
grösseren Flüssen entlang.
In Buffalo
fahren wir zum Erie Point. Dort soll die Gedenktafel für John Maynard stehen.
Sie ist aber offensichtlich ersetzt worden durch eine Tafel zum Gedenken an die
Indianer. Ich lese Esther die Ballade ‚John Maynard’ (1885) von Theodor Fontane
vor. Auswendig kenne ich sie (nach 55 Jahren!) nicht mehr. Die Ballade erinnert
an das Schiffsunglück, bei dem der heldenhafte Steuermann John Maynard den Tod
fand, nachdem er alle Passagiere vom brennenden Schiff heil in den Hafen von
Buffalo rettete. So etwa wie Francesco Schettino auf der Costa Concordia!??
Wir überqueren die Grenze nach Kanada. Dem
kanadischen Zollbeamte macht sein Job offenbar Spass. Trotz der langen
Autoschlange nimmt er sich ausgiebig Zeit, mit uns zu plaudern. In Niagara Falls CA haben wir für drei
Nächte reserviert. Wir fahren aber nach zwei Nächten wieder weiter. Die
Wasserfälle sind zwar imposant, werden aber furchtbar vermarktet, ein richtiger
Rummelplatz. Der Uferpromenade entlang lauter Schlitzaugen, die unentwegt
Selfies schiessen. Da haben uns die Iguazu-Fälle doch noch besser gefallen. Für
uns informativ die Gedenktafel für den Serben Nikola Tesla, der das weltweit
erste hydrologische Kraftwerk entwickelte, das hier realisiert wurde.
Hochzeit
in Hamilton
Der eigentiche Grund dieses Abstechers ist
aber der schon lange geplante Besuch bei der Tochter einer Cousine Esthers in Hamilton.
Als wir ihr schon im Frühjahr den Termin 11.10. (arbeitsfreier Samstag) vorschlugen,
beschloss sie bald einmal, gleich an diesem Tag zu heiraten, damit doch einige
Gäste aus der Schweiz – ausser uns noch die Tante der Braut - anwesend sind. Den
Zukünftigen hatte sie allerdings bereits ausgewählt! Da die Familie des
Bräutigams sehr gross ist, war die Anzahl der Gäste entsprechend: 280 in der
Kirche, 180 beim Essen am Abend. Für die 80 km lange Heimfahrt in der
Dunkelheit benutzen wir doch noch das Navigationsgerät, das sich recht
hilfreich zeigt. Wir hatten das Gerät gar nicht bestellt; es ist einfach im uns
zur Verfügung gestellten teureren Mietwagen vorhanden.
Am Montag fahren wir dann bei strahlendem
Wetter (es wird bald wieder schlechter!!) auf der US-Seite auf dem Parkway dem
Niagara entlang, steigen immer wieder aus, um dem hoch über dem Fluss
verlaufenden Uferwegen entlang zu spazieren und zu fotografieren. Dann geht’s
ostwärts dem Ufer des Ontariosees bis Rochester.
Leider ist das Ufer nicht oft zu sehen.
Viele Häuser haben Seeanstoss. Dafür fahren wir durch eine landwirtschaftlich
intensiv genutzte Gegend: Apfelplantagen (die Äpfel werden erst jetzt
gepflückt!), immense Kabisfelder, Kürbisfelder, abgeernete Maisfelder.
Wir meinen, durch halb Europa zu fahren: An
unserer Route sehen wir Ortsschilder wie Dresden, Odessa, Moskau, Waterloo,
Neapel, Syrakus, Ithaka, Luzern, Interlaken oder Namen wie Romulus, Seneca und
Ovid. In Genf (Geneva) übernachten wir am Dienstag, besuchen aber vorher in Seneca Falls den Women’s Right National
Historical Park. Das Museum ist leider geschlossen, dem republikanischen
Sparwillen zum Opfer gefallen. Wir lesen aber die vielen Schautafeln und sehen
das Haus der Elizabeth Cady Stanton. Diese Dame kam 1847 nach Seneca Falls und
setzte sich zusammen mit vier anderen Frauen für die Gleichberechtigung der
Frauen ein. In einer legendär gewordenen Versammlung vom 20. und 21.7.1848
erreichte diese, dass eine für die gesamten USA geltende ‚Declaration of
Sentiments’ verabschiedet wurde, unterzeichnet von 32 Männern und 68 Frauen.
Das Stimmrecht wurde ihnen allerdings erst 1920 zugestanden. Damit hatten die
Frauen in den USA die Rechte erlangt, auf die die Frauen der fortschrittlichen
Schweiz noch ein halbes Jahrhundert warten mussten.
Finger
Lakes
Die Finger Lakes sind elf schmale, aber
langgezogene Seen. Vor 2 Mio Jahren waren sie flache Flusstäler. Dann überzogen
mehrmals von Norden her stossende Gletscher das ganze Gebiet. Als vor 12'000
Jahren die letzten Gletscher schmolzen, füllten sich die Täler zwischen den
Sedimenten im Süden mit dem von Norden abfliessenden Schmelzwasser. Als nach
dem vollständigen Abschmelzen der Gletscher der Seespiegel sank, erodierten die
seitlich in den See mündenden Flüsse und bildeten eindrückliche Canyons (vgl.
etwa Fextal im Engadin). Wir fahren dem längsten, dem bis 5 km breiten und 65
km langen Cayuga Lake entlang. Er ist nur 150 m tief! Zunehmend werden in
diesem milderen Klima auch Reben angepflanzt. Unzählige Winerys
(Weinkellnereien) werben für ihre Produkte. Landschaftlich reizvoll sind die
verschiedenen Wasserfälle, u.a. die Taughannock Falls. Spazierwege führen an
beiden Ufern des Flusses bis zum Wasserfall, der mit 215 Fuss (60 m) fast 10 m
höher ist als die Niagarafälle.
Am südlichen Seeende liegt die Stadt Ithaca,
deren Lage an Zürich erinnert. Umgeben von hügeligen Wäldern, in der Stadt
selber mehrere Schluchten mit Wasserfällen. Sie ist uns auf Anhieb sympathisch.
In kurzer Distanz zum Zentrum, höchstens 10 km im Umkreis mehrere weitere
Wasserfälle. Die Schlucht mit den Lucifer Falls durchwandern wir. Zu beiden Seiten
führen gut ausgebaute Spazierwege durch den Canyon dem Fluss entlang und durch
bunte Wälder zu mehreren Wasserfällen.
Anthrazit
Gemütlich fahren wir auf Nebenstrassen
südwärts, wie immer durch farbige Wälder, die auch beim leichten Nieselregen
einen phantastischen Anblick bieten. Nach dem Mittagessen beim Grossverteiler
Wegmans – wie üblich ein ausgezeichnetes Buffet – beginnt es wolkenbruchartig
zu regnen. Deshalb besuchen wir in Scranton in der Lackawanna County die ehemalige
Kohlenmine und schliessen uns der Coal Mine Tour an. In einem holperigen Wagen
geht es in die Tiefe und dann zu Fuss durch die Gänge des ehemaligen
Anthrazitbergwerkes.
Um 1840 kamen die Brüder Scranton in diese
Gegend und gründeten die ‚Scranton Iron Furnaces’ (Stahlverarbeitung). Die
Stadt wuchs rasch und erhielt den heutigen Namen. 1855 baute die DL&W Railroad
ihre Lokomotivwerkstatt. Ein halbes Jahrhundert lang hatte der Staat in der
Folge das Monopol auf zwei der wertvollsten Produkte: Öl und Steinkohle. Stahl-
und Chemieindustrie prägten das Bild der Städte. In den Kohlebergwerken waren
die Arbeitsbedingungen sehr hart. Waliser, Iren, Italiener, Polen, Ungarn, die
vor allem zwischen 1890 und 1900 einwanderten, schufteten hier für einen
Hungerlohn ohne jeglichen physischen, geschweige denn sozialen Schutz, während
sehr wenige Amerikaner sehr reich wurden. Siebenjährige Kinder arbeiteten 10
Stunden im Tag, die Erwachsenen sogar bis 12 Stunden, oft halb liegend oder sitzend
in den manchmal nur 50 cm mächtigen Kohleflözen. Es wurde im Akkord gearbeitet,
was zu zahlreichen Unfällen führte: In den Jahren 1870-1914 zählte man 50'000
Todesfälle. Lungenkrankheit, Taubheit (wegen des Lärms der Schütteltransporte
und den zahlreichen Dynamitsprengungen) waren an der Tagesordnung.
Delaware
Water Cap
Der Delaware ist Pennsylvanias grosser
Fluss. Er zieht an Philadelphia vorbei und mündet in einem breiten Meeresarm in
den Atlantik. Wegen seines grossen Einzugsgebiets kam es im Unterlauf immer
wieder zu Überschwemmungen. Nach der grossen Katastrophe von 1955 beschloss man
den Bau eines Staudamms in der Nähe von Stroudsburg. Nach heftigem Widerstand
der Bevölkerung wurde das Projekt aufgegeben. Das Gebiet zu beiden Seiten des
Flusses, der die Grenze zwischen Pennsylvania und New Jersey bildet, ist auf
der Länge von 60 km Nationalpark. Östlich von Stroudsburg zwängt er sich durch
eine Bergkette, eine Klus, wie wir sie im Jura auch kennen, aber weiter und
breiter, mit Strasse rechts, Autobahn und Bahnlinie links.
Wir wandern dem Fluss entlang. Esther kämpft
gegen die Black Flies (Schwarzfliegen), ohne grossen Erfolg. Am Rande grosse
Maisfelder. Bären haben sich darin verköstigt, wie wir an den Spuren deutlich
feststellen können.
Nun fahren wir weiter östlich, um eine
Bekannte der Familie Wachtel zu besuchen.
Unsere Route 9.-16.10.
Unser Mietwagen
Die Niagarafälle auf der US-Seite
Die Niagarafälle auf der kanadischen Seite
(ohne Kommentar)
Der Erfinder der hydrologischen Kraftwerke
Wildwasser (der Niagara)
Seilbahn über dem WhirlpoolHochzeit in Hamilton
Am Ontariosee
Farbenpracht unterwe
Halloween drei Wochen lang!
Die Lucifer Falls bei Ithaca
Verwüstetes Maisfeld im Delaware Gap National Park
Des Übeltäters Hinterlassenschaft. Ein schlechter Futterverwerter!
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